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Warum verschieden große Räder bei Güter- und Schnellzugdampfloks?

Flint74

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Stolpen
Hallo

Ich hab mal einen Frage an die Physiker unter euch. Warum wurden bei Dampfloks für die Berge kleinere Räder verwendet, als bei Schnellzugloks. Ich mein, das die Lok mit großen Rädern schneller ist, ist mir ja klar (großer Durchmesser => großer Umfang => weitere Strecke pro Umdrehung) Aber warum ist es in den Bergen besser kleinere Raddurchmesser zu verwenden? Ist das bei modernen Loks auch noch von Belang?

Gruß Kay
 
Die Frage ist nicht: Berge oder flaches Land, sondern schnell oder langsam. Schnellfahrende (und meist relativ leichte) Personenzüge benötigten schnelle Loks, also große Räder. Bei langsamen und schweren Güterzügen dagegen ist wichtig, dass genügend Kraft auf die Schiene übertragen werden kann, also möglichst viele auf den Schienen aufliegende Radlaufflächen zwecks Erhöhung der Reibung. Geschwindigkeit ist bei Güterzügen nicht so wichtig (gewesen), außerdem stößt es schnell an bauliche Grenzen der Kurvenläufigkeit, wenn man beispielsweise 5 Achsen mit 2-Meter-Treibrädern einbauen wollte.
 
Die Geschwindigkeit und Kraft stehen im Verhältnis zum Raddurchmesser, wenn man die Leistung der Dampfmaschine als konstant annimmt. Letztendlich ist das Rad die letzte Stufe im Getriebe. Da man bei der Dampflok quasi kein Getriebe davor hat, bleibt es die Möglichkeit zur Abstufung (wie gesagt, bei angenommener gleicher Dampfmaschine). Die Auskenner werden jetzt natürlich noch einwerfen, das man die Dampfmaschine regeln kann. Aber eben auch nur in gewissen Grenzen.

Letztendlich spielen aber viele mechanische und thermodynamische Eigenschaften eine Rolle. Wegen der ungefederten Massen und der Unwucht des Rades (Stangenantrieb), kann das Rad nicht unendlich schnell drehen. Bei der 19 1001 war man durch den Achsantrieb da schon nicht mehr beengt und hat 1250mm Raddurchmesser gewählt, trotz Vmax von 175km/h.
 
Hallo Kay,

Du siehst schon an den Antworten, dass das nicht so einfach ist.

Das Ganze fängt beim Dampfkessel an. Der wird mit einem bestimmten maximalen Druck befeuert. Der erreichbare Druck ist wichtig für die Energiemenge, die am Kolben im Zylinder zur Verfügung gestellt werden kann. Für die dort tatsächlich übertragene Energiemenge ist dann noch die Fläche des Kolbens wichtig. Je größer die Bohrung des Zylinders, desto mehr Energie kann vom Dampf auf die Kolbenstange übertragen werden. (Wenn denn der Kessel auch genug Dampf liefern kann).

Zwischenergebnis: Druck des Kessels und Bohrungsdurchmesser des Zylinders entscheiden, wie viel Energie für das Fahrwerk zur Verfügung steht.

Hinsichtlich der reinen Maximalgeschwindigkeit hat Grischan schon den wichtigsten Aspekt genannt. Die Laufruhe des Fahrwerks. Aufgrund der hohen bewegten Masse der Stangen sind zwar an den Rädern Gegengewichte, die gleichen das aber nicht zu 100% aus. Daher kann ein Treibrad technisch nur mit einer maximalen Drehzahl betrieben werden (die 05 002 hatte 2300mm Treibraddurchmesser und erreichte bei ihrer Rekordfahrt mit 200,4 km/h eine Drehzahl von ca. 460 U/min bzw. 7,7 U/sek).

Nachteil dieser Höchstleistungs-Antriebe ist das geringe Anfahr-Drehmoment. Die Loks kommen also nur schlecht vom Fleck, wenn sie mal stehen. Je schwerer der Zug, desto kleiner mussten die Räder werden, um den auch in vernünftiger Zeit in Gang zu bekommen.

In den Bergen kommt neben dem Beitrag aus der Reibung des Zuges auch noch die Steigung hinzu, für deren Überwindung vom Antriebssystem weitere Energie (und Drehmoment) zur Verfügung gestellt werden musste. Daher bieten sich hier nur kleinere Treibraddurchmesser an, damit das Drehmoment hoch blieb. Die Baureihe 95 (Tierklasse der HBE und pr. T20) ist ein Paradebeispiel für eine Berglok. Gigantische 700 mm Zylinder (damit viel Energie an der Kolbenstange zur Verfügung steht) aber viele kleine Treibräder (5 angetriebene Achsen mit 1400mm Durchmesser).

Die Zusammenhänge zur Reibung haben die Kollegen schon richtig dargestellt, woraus sich die Anzahl angetriebener Achsen ergibt. Da füge ich nichts mehr hinzu.

Schlussendlich wurden aber nicht überall die Extremleistungen gebraucht, die eine 05 oder eine 95 erbringen konnte. Die Höchstleistungen werden mit einem hohen Dampfverbrauch "bezahlt", sind also teuer. Wo weniger Masse gefahren werden musste, die Züge langsamer sein konnten oder die Steigungen moderater waren, wurden andere Loks konstruiert, um das wirtschaftlichste Ergebnis bei den jeweiligen Anforderungen zu erreichen.

Hoffentlich war's verständlich...

hajO

P.S.: bei modernen Loks spielt das nur dann eine Rolle, wenn ein Stangenantrieb vorhanden ist. Dann gibt es exzentrische Masse, die zu einer Unruhe beim Fahren führt. Da praktisch alle moderenen Loks ohne Stangen fahren (und meist den Motor oder die letzte Getriebestufe auf der Achse haben) gibt es nur ganz wenig Unruhe. Daher sind wesentlich größere Drehzahlen am Treibrad möglich. Dann machen kleinere Treibraddurchmesser wesentlich mehr Sinn, um aus der vorhandenen Energie ein möglichst hohes Drehmoment zu bekommen, welches dann zu einer hohen Anfahrleistung führt. Moderne Loks sind daher auch wesentlich spurtschneller, als Schnellzugdampfloks. H.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Zeit der Entwicklung der Einheitsloks (Und natürlich auch davor) standen noch keine sehr hochwertigen Schmierstoffe zur Verfügung.
So begrenzte einerseits deren Temperaturbeständigkeit die im Zylinder erlaubte maximale Dampftemperatur (Gefahr des Verkokens), andererseits schränkte die Viskosität die maximale Kolbengeschwindigkeit (Abriß des Schmierfilms > Kolbenfresser) und damit die Drehzahl ein.

Um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen, blieb also bei Lokomotiven mit 'normaler' Kolbendampfmaschine nur der Weg, den Raddurchmesser zu vergrößern, um bei gleicher Drehzahl mehr Weg zurücklegen zu können. Im Hochgeschwindigkeitsbereich wurde es irgendwann schwierig, entsprechend große Räder und einen leistungsfähigen Kessel innerhalb des Lichtraumprofils in einer Maschine zu vereinigen. Die Grenze des Sinnvollen wurde hier mit den Maschinen der BR 05 erreicht.

Bei 19 1001 hatten deren schnellaufende Dampfmotoren viele kleine Zylinder, mit entsprechend geringem Hub. Das ermöglichte erheblich höhere Drehzahlen und damit deutlich kleinere Räder, ohne die zulässige Kolbengeschwindigkeit zu überschreiten.
 
ergänzende Frage

bleibt noch die Frage, warum die Konstruktion, die wesentliche Nachteile der Stangen im Antrieb vermied - Turbinendampfloks - keinen größeren Erfolg hatte. Möglicherweise aber eben auch wegen der fehlenden Hochleistungsschmierstoffe. In schweden läuft ja noch eine...

Herzliche Grüße
hajO

P.S.: Läuft/läuft nicht, jedenfalls lief sie: http://www.youtube.com/watch?v=ZsrzUjcHeAs
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil eine Turbine bei direktem Antrieb fast immer in einem ungünstigen / unwirtschaftlichen Bereich arbeiten muß. Hydraulische Getriebe gab es aber damals in dieser Leistungsklasse noch nicht...
 
...weil's zu Aufwändig in Bau und Unterhalt war.
Die Getriebetechnik war noch nicht so weit Leistungen in den geforderten Dimensionen zu übertragen und gleichzeitig relativ klein und leicht zu sein. Dazu kamen folgende Nachteile:
-Turbinen haben nur eine Drehrichtung
-der Dampfverbrauch war im Teilllastbereich gegenüber Kolbendampfmaschinen sehr hoch
-die notwenigen Nebenaggregate verbrauchten ebenfalls viel Dampf
Je nach Zustand der Radreifen lief die Turbine der T18 1001 bei Vmax von 110km/h zwischen 8600/min und über 9100/min.
 
Zuletzt bearbeitet:
das mit der Haltbarkeit und Leistungsübertragung der Getriebe sehe ich ein (sind derzeit in Schweden auch der Grund, warum die vorhandenen Loks nicht fahren).

Aber 8000 bis 9000 U/min bei Turbinen sind kein so schlechter Leistungsbereich! Und wirtschaftlicher sollten die dann auch sein. Gibt es noch Artikel/Hinweise aus der damaligen Zeit zur Wirtschaftlichkeit?

Herzliche Grüße
hajO
 
bei 110 km/h und 1650 mm Treibraddurchmesser der T18 1001 sind das etwa 350 U/min an der Achse. Da muss also schon ein Getriebe 1:26 oder ähnlich verwendet worden sein.

Gibt es noch ein Leistungsdiagramm? Daraus wären dann Anfahrzugkraft etc. ablesbar.

Der wesentlich bessere Wirkungsgrad der Turbine (geschätzt über 30% bei den Dampflok-üblichen Temperaturen und Drücken) sollte aber auch sehr positiv zu Buche geschlagen haben. Also mindestens bei Langläufen.

Herzliche Grüße
hajO
 
@Hajo:
Ich hab die Bedienungsanleitung der T18 1001 vor mir liegen und da wird schon im Vorwort auf die festgestellten Nachteile hingewiesen.
"...Sie ist daher, wenigstens in der vorliegenden Gestaltung, nur wirtschaftlich bei schnellfahrenden Zügen, die weite Strecken ohne Aufenthalt durchfahren..."
Im Teilllastbereich verbrauchten die Nebenantriebe rund 33% des Dampfes. Unter Volllast waren es um die 18%.
In Zahlen: im günstigsten Fall 6,5kg/Psh - bei Kolbendampfmaschinen war der Wert teilweise geringer.
 
da wäre es dann schon sinnvoller gewesen, elektrische Nebenantriebe einzusetzen... Gibt es die Betriebsanleitung in irgend einem Buch abgedruckt (in dem vom Stardampf empfohlenen z.B.?) Danke für die Empfehlung!

Herzliche Grüße
hajO

P.S. spannende Aufnahmen über die deutschen Konstruktionen fand ich mal wieder auf internationalen Seiten: http://www.douglas-self.com/MUSEUM/LOCOLOCO/germturb/germturb.htm - da zeigt sich, das überall Stangen eingesetzt wurden und somit wesentliche Verbesserungspotentiale hinsichtlich der Laufruhe nicht erzielt werden konnten. H.

P.P.S.: ich schließe aus all den Informationen, dass die gute Idee zu weit ihrer Zeit voraus war, Mitte/Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. H.
 
elektrische Nebenantriebe auf einer Dampflok. :allesgut: ;)
Die gab's reichlich aber wozu soll man diese zwangsläufig verlustbehaftet einrichten wenn man die Energie in Form von Dampf&Druck schon da hat? Vorteile böten die nur in Momenten die große Leistungsspitzen erfordern und brauchen dann noch (schwere) Energiespeicher.
Die Anleitung findest Du mit viel Glück für alles andere als kleines Geld ab und an in Antiquariaten.
 
Ja und manchmal gehen die Entscheidungen schon ulkige Wege. Bei den E-Loks zB hat man sich gegen den schon bekannten Tatzlagerantrieb und für Stangen entschieden um Baugruppengleichheit (Vereinheitlichungsgedanke) zu den Dampfern zu haben. Man ist also wegen eines vermeintlichen Vorteils in eine Sackgasse gegangen. Wäre man gleich auf Tatzlager geschwenkt, hätte es vielleicht sogar mal eine Dampf-Elektrische Lok gegeben :wiejetzt:
 
@Grischan
ich kann im Stangenantrieb erstmal keinen Grund finden, eine Dampf(turbinen)lok mit Generator und E-Antrieb nicht zu versuchen. Hilf mir bitte auf die Sprünge was dagegen sprach.

Herzliche Grüße
hajO
 
Die Verantwortlichen wollten halt Stangen an der Lok haben.

Mal im Ernst. Die Antriebskraft mittels Stangen auf mehrere Achsen zu verteilen hatte sich bewährt. Daran wollte man noch lange festhalten. Dabei spielte natürlich auch eine Rolle, dass der Einzelachsantrieb aufwendiger schien.
 
elektrische Nebenantriebe auf einer Dampflok. :allesgut: ;)
Die gab's reichlich aber wozu soll man diese zwangsläufig verlustbehaftet einrichten wenn man die Energie in Form von Dampf&Druck schon da hat?

weil elektrische Lüfter/Ventilatoren wesentlich effektiver sind, also solche mit Dampfmotor, auch wenn man den Wirkungsgrad des E-Generators berücksichtigt.

Herzliche Grüße
hajO
 
Wäre man gleich auf Tatzlager geschwenkt
Tatzlager (inkl. der dazu notwendigen "kleinen" Motoren) waren damals noch nicht so leistungsfähig (kennst ja die damaligen Großmotoren). War auch eine Frage der damals möglichen Isolation.

eine Dampf(turbinen)lok mit Generator und E-Antrieb
Gab es doch :gruebel:, allerdings mangels passender Speicher oder Frequenzumrichter (ich denke, das Wort gab es damals noch gar nicht :D) ähnlich wirtschaftlich wie eine "normale" Dampfturbine.
Da hat mich doch glatt der Zahnarzt überholt! He, hast du kein Gebiss zu bearbeiten?! :brrrrr:

weil elektrische Lüfter/Ventilatoren wesentlich effektiver sind, also solche mit Dampfmotor
Heute ja, damals definitiv nicht.

Im Teilllastbereich verbrauchten die Nebenantriebe rund 33% des Dampfes. Unter Volllast waren es um die 18%.
Bei Kolbendampfmaschinen (ausser Kondensmaschinen) kann Abdampf für die Nebenantriebe verwendet, bei den anderen muss Frischdampf eingesetzt werden.

Weiter zu Ökonomie: für den niedrigen Drehzahlbereich wurde gern eine kuppelbare Rangier-/Rückwärtsturbine (oder im Fall der T38 eine Kolbendampfmaschine) eingesetzt.
 
Hallo,

Die Antwort wurde schonmal bei den Dampfmotoren gegeben: Es wird zu kompliziert. Gerade die Technikgeschichte der Dampflokomotiven zeigt es ganz deutlich: Es setzt sich durch, was einfach zu bedienen und zu unterhalten ist. Stephensons Prinzip -einfach, minimalistisch, selbstregelnd- hat sich bis heute gehalten. Alle Abweichungen davon konnten den erhöhten Aufwand nicht durch Wirtschaftlichkeit kompensieren. Dazu kommen die besonderen Anforderungen des Bahnbetriebs: Die Antriebsleistung muß trägheitsarm und in weiten Grenzen regelbar sein. Turbinen sind da nicht so toll drin. Mal zum Vergleich: eine Gasturbine am Flugzeug braucht 12-15 Sekunden, um aus dem Teillastbereich kommend den vollen Schub zu entwickeln. Da stört das nicht, das macht die während eines Fluges 2-3 Mal. Bei der Bahn kommt das dauernd vor.

Ronald.
 
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