• Hallo TT-Modellbahner, schön, dass du zu uns gefunden hast.
    Um alle Funktionen nutzen zu können, empfehlen wir dir, dich anzumelden. Denn vieles, was das Board zu bieten hat, ist ausschließlich angemeldeten Nutzern vorbehalten. Du benötigst nur eine gültige E-Mail-Adresse und schon kannst du dich registrieren.
    Deine Mailadresse wird für nichts Anderes verwendet als zur Kommunikation zwischen uns.
    Die Crew des TT-Boardes

Die britische LNER, Sir Nigel und seine Pazifik-Loks

Rekoboy

Foriker
Beiträge
620
Reaktionen
2.071 1
Ort
York, GB
In einem früheren Beitrag schrieb ich über Sir Nigel Gresleys E-Loks für die LNER. Nun geht es um seine bekanntesten Loks - um die Pazifik-Loks der Baureihen A1, A3 und A4 und um seine Mikado der Baureihe P2. Wie ich schon erwähnte, entstand die LNER (mit Konzernsitz hier in York) 1923 aus der Fusion mehrerer kleinerer Bahngesellschaften. Die größten und profitabelsten jener Bahngesellschaften waren die Great Northern Railway (London Kings Cross - Peterborough - York, mit vielen Nebenstrecken), die North Eastern Railway (York - Newcastle - schottische Grenze, mit viel Gütervekehr, besonders Kohlebeförderung) und die North British Railway (schottische Grenze - Edinburgh - Glasgow und Edinburgh - Aberdeen, mit bedeutenden Nebenstrecken, wie Glasgow - Fort William). Seit den 1870er Jahren hatten diese drei Gesellschaften miteinander kooperiert, um schnelle durchfahrende Züge von London nach Schottland anzubieten. Nach dem ersten Weltkrieg war Gresley Leiter des Maschinenamts der Great Northern Railway und aus seinem Konstruktionsbüro stammte Anfang der 1920er Jahre die Baureihe A1 als erste Pazifiklok jener Bahn. Darunter war die Lok, die inzwischen Kultstatus erreicht hat, The Flying Scotsman. Nach der Fusion der Bahnen wurde Gresley Chefkonstrukteur der neu entstandenen LNER, und es dauert nicht lange, bis er seine A1 Loks umbauen ließ, um deren Leistung durch den Einsatz eines größeren Kessels zu steigern. Die Umbauloks bekamen die Typenbezeichnung A3, aber erst nach dem zweiten Weltkrieg in den letzten Jahren der LNER wurde die Bezeichnung A1 wieder verwendet, als Gresleys Nachfolger Thompson und Peppercorn die allerletzten Schnellzugloks der LNER bauen ließen. Diese zweite Baureihe A1 ist sehr interessant, denn GBs neueste Dampflok 'Tornado' gehört dazu. Tornado wurde 2008 in einer eigens dafür errichteten Lokfabrik in Darlington gebaut - ihr Kessel wurde aber im Dampflokwerk Meiningen gebaut. Siehe: Tornado's Story | About Tornado | Tornado | A1 Locomotives. Davon mehr ein bißchen später! Gresleys nächste Konstruktion war die Baureihe P2, 1-D-1 Schnellzuglok (Mikado genannt) für den Schnellzugdienst Edinburgh - Aberdeen. Die Baureihe P2 war nicht sonderlich erfolgreich - die Loks waren extrem leistungsstark aber sehr störanfällig. Nach Gresleys Tod ließen seine Nachfolger die P2 alle als Pazifik-Loks umbauen, die Baureihe A2. Aber der Verein, der so erfolgreich Spenden und Sponsoren für den Bau von Tornado zusammentrommelte, lässt eine P2 bauen. Sie wird demnächst aus der Lokschmiede in Darlington rausfahren - wie bei Tornado, wird der Kessel in Meiningen gebaut. Hornby hat eine P2 in der Größe 00 im Angebot. Gresleys bekannteste Leistung ist aber die Baureihe A4. Mitte der 1930er Jahre ging der Konkurrenzkampf gegen Fluglinien und PKW auf der Strecke London- Edinburgh los. Der Vorstand der LNER liebäugelte eine Weile mit dem Kauf kompletter Dieseltriebzüge aus Deutschland (analog dem Fliegenden Hamburger) aber der Gedanke, was die populäre Presse aus dem Kauf machen würde, plus Gresleys Überzeugung, dass aus der Dampflok noch viel mehr zu holen wäre, ließen den Plan platzen. So entstand Gresleys Denkmal - seine Baureihe A4, schnell, modern und elegant. Die Rekordhalterin, die Mallard, schaffte am 3. Juli 1938 zwischen Grantham und Peterborough die magische Zahl von 203 km/h. Für den Versuch hatte Gresley den risikofreudigsten Lokführer der LNER, Joe Duddington, ausgesucht. Bei der Ankunft in Peterborough behauptete Duddington, die Lok hätte eine noch höhere Geschwindigkeit erreicht, hätte es in Grantham keine Langsamfahrstelle gegeben. Die ersten 6 Loks der Baureihe waren silber und trugen entsprechende Namen, 'Silver King', 'Silver Fox' usw - später wurden die Loks blau lackiert, wie die Mallard heute im Museum. Der Name 'Mallard' (eine Ente) resultierte aus Gresleys Hobby - Enten züchten. Als vor kurzem ein Standbild von Gresley am Londoner Bahnhof Kings Cross aufgestellt wurde, wollte die Bildhauerin eine bronzene Ente zu seinen Füssen stellen - aber Gresleys Enkelsöhne empfanden die Idee als beleidigend, und die Künstlerin musste die Idee sein lassen. Aber als die Statue enthüllt wurde, legten zahlreiche Bahnfans Quietschenten zu Gresleys Füssen, sehr zur Belustigung der anwesenden Reporter und Kamerateams. Von Gresleys Pazifikloks hat nur eine A3 (Flying Scotsman) überlebt (ist in der Obhut unseres nationalen Bahnmuseums hier in York und ist betriebsfähig) aber 6 Loks der Baureihe A4 existieren noch, eine sogar in Kanada (Dominion of Canada), eine in den USA (Dwight D Eisenhower) und vier in Großbritannien. 2013 wurden alle 6 hier in York im Eisenbahnmuseum ausgestellt, zum 75. Jahrestag von Mallards Rekord. Das hiess 'The Great Gathering' (die große Zusammenkunft) Nach der Verstaatlichung der Bahnen wurden alle Pazifik-Loks von Gresley zuerst blau lackiert, dann bis zur Ausmusterung dunkelgrün. Siehe Fotos.
Scotsman.jpgMons Meg.jpgLNER_Class_A1_4-6-2_No60163_'Tornado'_(29903372180).jpgGreat Gathering 2013 1.jpgSir Nigel.jpgNumber_4468_Mallard_in_York.jpgUnion-of-South-Africa.jpgFlying-Scotsman-Swanage.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Formschöne Eisenbahn.
 
Wow! Vielen Dank für die Mühe und für den ausführlichen Beitrag. Das Thema ist sicherlich für einige hierzuforum noch größtenteils Neuland. Für mich auf jeden Fall. Aber dank Hornbys Einstieg in TT rückt es nun in den Fokus des Interesses.

Bezüglich der Rekordfahrt ist der gemessene Wert von ca. 202 Km/h nicht ganz unumstritten, soll die Maschine doch währenddessen im leichten Gefälle gefahren sein, während die deutsche 05 002 auf ebener Strecke unterwegs war und dabei noch nicht ganz ihre Leistungsfähigkeit erreicht haben soll.

Aber beeindruckend ist die A4 ohne Zweifel, und im rein ästhetischen Vergleich, der immer eine Frage des Geschmacks ist, erscheinen die britischen Stromlinienloks ungleich eleganter und schnittiger gegenüber ihren deutschen Schwestern, die vergleichsweise doch sehr bullig und gleichsam ohne nennenswerte Akzente waren.

Wie sah es eigentlich hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Störanfälligkeit der A4 aus? Wagners Philosophie der Einfachheit und Einheitlichkeit bedingte ja gewisse Kompromisse zu Lasten von Leistung und Innovation, während Gresley mit seinen drei Triebwerken und seiner eigenen Steuerung einen ganz anderen Weg beschritt. Hatte sich das unter den Aspekten von Wartung und Zuverlässigkeit letzten Endes auch ausgezahlt?
 
In Antwort auf die Frage zur Zuverlässigkeit kann man sagen, dass Gresley sehr robuste und zuverlässige Loks konstruierte - in der Testphase der A4 mit Schnellfahrten wurden Anisessenzbomben (!) an bestimmten Lagern strategisch platziert - bei einem heißgelaufenen Lager platzt so eine Patrone und der Anisgestank warnt das Lokpersonal!
 
Formschöne Eisenbahn.
Daran habe ich auch gedacht. Die sind doch eher etwas für die Vitrine 😉 als damit draußen herum zu fahren.
Danke für den informativen Bericht @Rekoboy .
Wenn ich einen Wunsch hätte, könntest du vielleicht in deinem Text hin und wieder einen Absatz machen, das würde sich dann entspannter lesen lassen. Aber das ist nur mein Wunsch.
Grüße nach Old England, Bernd
 
Warum sollte man in seiner Modellbahnfantasiewelt nicht so frei sein, den Eurotunnel auch für historische Dampfloks freizugeben und dann eine Tourismusfahrt durch den eigenen Bahnhof laufen zu lassen?

Wobei: Im Tunnel findet ja auch Güterverkehr statt? Sprich kalt dürfte eine britische Dampflok den Tunnel passieren?
 
Theoretisch sollte das funktionieren. Als kalte Lok läuft sie ja als "Wagen" mit. Daher das Wort "Dampfwagen"...
 
Welche Baureihe zog denn den Hofzug Ihrer Majestät in den 1950/60er Jahren bzw. bis wann kamen Dampflokomotiven mit diesem zum Einsatz? Und welche Wagen von Hornby-TT müsste man sich besorgen, um diesen quasi nachzustellen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Waggons des Hofzugs basieren alle auf dem Wagenkasten Mark 2/3/4 - analog früheren Schnellzugwaggons bzw. dem Material des High Speed Trains (HST). Allerdings alles Sonderanfertigung - m.E hat im Moment keine Modellbahnfirma so etwas im Angebot. Lokmässig - heutzutage die BR 67 B-B Diesellok von DB-Cargo, oder E-Lok BR 92. Früher schön ausgeputzte Dampfloks, frisch poliert!
 
Für den Tunnel muss aber die Treibstange ab, sonst bräuchte sie "Schmierdampf". Also nix für Plandampf.
Aber sie kann ja auch auf die Fähre, so wie vor dem Tunnel. Immerhin wurden ja aus England auch sehr viele Dampfloks exportiert. Und bestimmt nicht alle als Baukasten wie die "Adler".
 
Vor einigen Jahren war mal eine kleine englische Dampflok zu Gast in Wollstein - also muss es möglich sein, daß die englischen Dampfer das Festland erreichen.
Ist schon länger her, aber ich glaube mich zu erinnern, daß die Lok aus eigener Kraft Wollstein erreichte. Bilder? Ich mach selten Bilder bei solchem Buhei - vielleicht war ja außer mir noch jemand mit Fotoapparat anwesend.
Wollstein hatte übrigens jahrzehntelang einen britischen Sponsor - die haben auch immer den Union Jack wehen lassen.
Grüße Ralf
 
Zuletzt bearbeitet:
Aaaaah, super! Eine Great Western Prairie! 1C1 Tenderlok. Die Maschinen sind unter britischen Modellbahnern sehr beliebt, denn die Great Western Branch line (Nebenstrecke) ist eine Art Heiligtum!
 
Jein! Ex-GWR Dampfloks sind bei London Transport nach dem 2. Weltkrieg als Bauzugloks unterwegs gewesen - aber bloß sog. Pannier Tanks, die am Bahnkraftwerk und an den Großprofilstrecken bzw. oberirdischen Strecken unterwegs waren. Das waren dann die allerletzten Dampfloks, die Ende der 1960er Jahre auf britischen staatlichen Bahnstrecken im Regeldienst unterwegs waren - und ein Magnet für Bahnfans
 

Anhänge

  • jpeg_1628497342.jpeg
    jpeg_1628497342.jpeg
    144,7 KB · Aufrufe: 80
Zurück
Oben