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Vorbild „Seilbahnwandern“ und mehr im Bielatal

Eine Erkundung in zwei Anläufen

11.01.2019 - Eins:
Am Vormittag suchte ich mir auf dem Weg ins nahe České středohoří (Böhmisches Mittelgebirge) eine freie Straße über den tiefverschneiten Erzgebirgskamm. Ziel war der Ort Ohníč (Wohontsch) im mittleren Abschnitt des Bielatales. Der Ort war einst vom untertägigen Braunkohleabbau geprägt. Oberhalb vom Bahnhof befanden sich in einer kleinen Siedlung die Tagesanlagen der Důl Karolína I (Betriebsdauer: 1885-1943), die über zwei Stollen verfügte. Die Tagesanlagen am Förderstollen bestanden aus einem Huthaus, einem Kraftwerk, einer Brikettfabrik und einer Ziegelei. Über zwei etwa 150 m lange Schrägaufzüge wurden die Produkte zur Verladeanlage an der Bahnstrecke herabgelassen bzw. Rohstoffe nach oben zugeführt. Der Bahnhof bestand damals noch nicht in seiner heutigen Form. Heute ist von den historischen Anlagen nur noch wenig zu sehen, eine Nachschau lohnt aber dennoch. Eine ca. 2,1 km lange Seilbahn verband die Verladeanlage zusätzlich mit der Důl Karolína II, dafür war im Verlauf eine Querung des Bielatales mit einem Stützenabstand von etwa 300 m erforderlich. Ich parkte das Auto am Bahnhof ab und stieg den Hang zur Straße hinauf. An einem Wohnhaus nahm ich den Treppenaufstieg zu einer Anliegerstraße. Im Verlauf bog ich nach links und kam nach einem Aufstieg zum Stollenportal der Důl Karolína I. Vom einstigen Kraftwerk und der Brikettfabrik sind nur noch Fundamentreste vorhanden. Zurück an der Straße, passierte ich die kleine Siedlung. Hinter dem Ortsausgang wechselte ich auf die verbuschte Trasse der einstigen Kohleseilbahn und ging von Mastfundament zu Mastfundament bis ich die Grundfläche der Stütze der Talquerung erreichte. Da mittlerweile Schneefall eingesetzt hatte, beließ ich es für heute dabei und ging auf dem Flurweg Richtung Bahnhof Ohníč zurück. Nach einer Weile Begutachtung der eher spärlichen wochentäglichen Bahnaktivitäten vor Ort sowie später in Úpořiny (Auperschin) trat ich die Rückfahrt an.

20.01.2019 - Zwei:
Schönes Hochdruck-Winterwetter ist angekündigt. Einhundertausendundein Wintersportler streben Richtung Erzgebirgskamm. Ich quere diesen am frühen Morgen. Schon am zweiten Tag des Hochdruckwetters ist das Böhmische Becken mit eiskalt grauer Nebelsuppe vollgelaufen, aber hier ist es schneearm und trocken. Ich parke das Auto erneut am Bahnhof Ohníč. Ich durchmesse die Ortslage und gehe entlang der Straße bis zur Einfahrt zum Steinbruch Dolánky (Dollanken). Gegenüber steige ich den felsdurchsetzten Talhang des Bielatales hinauf. Oben treffe ich auf einen Bunker der Tschechoslowakischen Landesverteidigung, der von den Normbauten abweicht. Wenig daneben befindet sich die Grundfläche der zweiten Stütze der Talquerung der Kohleseilbahn. Von hier aus folge ich dem Trassenverlauf von Mastfundament zu Mastfundament. Im Bereich einer Haldenschüttung fehlen einige Fundamente. Ob die Halde mit der Seilbahn oder einer Grubenbahn bedient wurde, ist nicht mehr feststellbar. Entlang eines asphaltierten Zufahrtsweges komme ich zum Areal der einstigen Důl Karolína II. Ein Wohnhaus und ein Trafohaus sind die einzigen historischen Relikte am früheren Seilbahnbeginn, der Rest des Geländes ist neu überbaut worden.

Ich zweige nach rechts ab und gehe zwischen den beiden Pingen-Seen der Grube Karolina bergwärts auf einem Flurweg nach Mošnov (Moschen). Kaum im Ort angekommen, biege ich rechts auf eine Straße ein und nach dem Ortsende nochmals rechts auf einen asphaltierten Flurweg. An der Fahrstraße biege ich nach links und laufe bergwärts. Später gehe ich an einer Feldkante zum Fuß des Pohradická hora. Den bewaldeten Berg erklimme ich weglos von Osten. Der Gipfel der Pohradická hora/Aloisova výšina (Poratscher Berg/Aloisiushöhe) ist von Hecken, einstiger Steingewinnung und Gebäuderesten geprägt. Über den einstigen Gipfelzugang steige ich nun hinunter. An einer Feldkante laufe ich auf einem Flurweg aussichtsreich grobe Richtung Westen. Nach rechts abgebogen, laufe ich abwärts und überquere eine Straße.

Dahinter zeichnet sich eine Haldenschüttung der Důl Svornost (Grube Einigkeit) ab, die von einer etwa 1 km langen Seilbahn bedient wurde. Ich folge den Fundamentresten der Abraumseilbahn in Richtung Ohníč. An der Waldkante muss ich eine Dornenhecke links umgehen, da sonst keine Möglichkeit mehr besteht, in den Wald zu gelangen. Ungefähr auf der Hälfte des Talhanges verliere ich aufgrund von Pingen und Bruchgräben die Linie, bzw. es sind keine sichtbaren Reste der Bahn mehr auszumachen. Am Talboden befand sich das 1892 als Kaiser Franz Josef Stollen gegründete, später Důl Svornost (Grube Einigkeit) genannte Braunkohlebergwerk, das bis 1978 in Betrieb war. Hier war auch ein Schrägaufzug, allerdings zwischen dem Stollenportal am Fuße des Talhangs hinauf zu den Verarbeitungs- und Verladeanlagen vorhanden. Das Gelände der einstigen Tagesanlagen wird heute von einer Farbenfabrik genutzt. Am Bahnhof Ohníč endet anschließend die heutige Erkundung. Nach einer Weile Begutachtung der ungewöhnlich intensiven sonntäglichen Bahnaktivitäten im Bielatal trete ich die Rückfahrt an.

Der Verlauf der Seilbahnen ist auf der Generalstabskarte System S 1952 1:25.000 Blatt M-33-52-B-a (Teplice) mit Bearbeitungsstand 1953 noch eingezeichnet.

Wanderstrecke:
Ohníč > býv. důl Karolína I > Ohníč > býv. důl Karolína II > Mošnov > Pohradická hora/Aloisova výšina > Ohníč (12,5 km)

Ausführlicher Wanderbericht:
https://www.hikr.org


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Bild 1: Ohníč (Wohontsch), Fundamentrest des Schrägaufzuges 1 der Grube Karolina I

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Bild 2: Ohníč, Brückenfundament der Grubenbahn zur Haldenschüttung

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Bild 3: Ohníč, Gebäuderest der Brikettfabrik/des Kraftwerkes

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Bild 4: Ohníč, Treppenanlage zwischen den Fundamenten der Brikettfabrik/des Kraftwerkes

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Bild 5: Ohníč, důl Karolína I, Stollenmundloch und Huthaus

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Bild 6-7: Ohníč, Seilbahnfundament

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Bild 8: Ohníč, Seilbahnfundament, Leitungsmast und Standorte der Stützen der Talquerung

IMG_9767-Ohnic-Seilbahnfundament-Stuetze-Talquerung.JPG IMG_9768-Ohnic-Seilbahnfundament-Stuetze-Talquerung.JPG
Bild 9-10: Ohníč, Seilbahnfundament der Stütze 1 der Talquerung

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Bild 11: Ohníč, talfahrender ČD-Personenzug Os 16509 (Dieseltriebwagen 814/914)

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Bild 12: Ohníč, dienstbereiter, personalbesetzter SŽDC-Oberleitungstriebwagen (MVTV)

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Bild 13: Ohníč, talfahrender ČDC-Kohlezug (Gleichstromlok der Reihe 122)

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Bild 14: Úpořiny (Auperschin), talfahrender ČDC-Kohlecontainerzug (Gleichstromlok der Reihe 163)

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Bild 15: Úpořiny, dienstbereiter SŽDC-Arbeitswagen (MUV 69.2)

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Bild 16: Úpořiny, talfahrender ČDC-Kohlecontainerzug (Gleichstromlok der Reihe 123)

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Bild 17: Úpořiny, bergfahrende ELZEL-Bauzuglok (Diesellok der Reihe 730)

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Bild 18: Úpořiny, bergfahrender UNIDO-Kesselwagenzug (Dieselloks der Reihe 753)

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Bild 19: Weiterführung der Tour mit einstiger Talquerung der Kohleseilbahn

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Bild 20: Einstige Talquerung der Kohleseilbahn von oben

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Bild 21: Seilbahnfundament der Stütze 2 der Talquerung

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Bild 22-23: Seilbahnfundament

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Bild 24: Einstige Seilbahntrasse

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Bild 25: Grube Karolina II, Trafohaus

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Bild 26: Haldenschüttung, Abkippplatz der Abraumseilbahn der Důl Svornost (Grube Einigkeit)

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Bild 27-28: Seilbahnfundament

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Bild 29: Ohníč, einstige Důl Svornost (Grube Einigkeit), Stollenportal im Betriebsgelände der Farbenfabrik

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Bild 30: Ohníč, bergfahrender UNIDO-Druckgaskesselwagenzug (Diesellok der Reihe 753)

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Bild 31: Lbín (Welbine), bergfahrender gemischter ČDC-Güterzug (Gleichstromlok der Reihe 163 mit Werbung für Kohlecontainerzüge)

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Bild 32: Lbín, talfahrender ČDC-Kohlezug (Mehrsystemlok der Reihe 363)

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Bild 33: Lbín, bergfahrender SD-KD-Leerzug (Gleichstromlok der Reihe 130 mit ČEZ-Ganzreklame)

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Bild 34: Řehlovice (Groß Tschochau), Einsatzfahrt eines SŽDC-Oberleitungstriebwagens (MVTV)

Kommentare

Sehr interessante Industriearchäologie. Braunkohleabbau im Tiefbau ist inzwischen sehr selten, bei Most wurde oder wird noch im Tiefbau gearbeitet, teils sogar mit moderner Technik mit Schildausbau und Schrämmwalze.
Die Gegend im böhmischen Braunkohlebecken ist ziemlich spannend, was die Geschichte betrifft.
Hoffentlich sind bald Wanderungen und Ausflüge wieder möglich.
Kleine Frage, hieß das Flüsschen nicht "Bilina"?

Helge
 
Sehr interessante Industriearchäologie. Braunkohleabbau im Tiefbau ist inzwischen sehr selten, bei Most wurde oder wird noch im Tiefbau gearbeitet, teils sogar mit moderner Technik mit Schildausbau und Schrämmwalze.
Die Gegend im böhmischen Braunkohlebecken ist ziemlich spannend, was die Geschichte betrifft.
Hoffentlich sind bald Wanderungen und Ausflüge wieder möglich.
Kleine Frage, hieß das Flüsschen nicht "Bilina"?

Helge
Zur Frage: Hab ich irgendwo was falsch geschrieben?
Der Fluss heißt Bílina (deutsch Biela) aber ich kenne keinen aktuellen tschechischen Karteneintrag der das Tal benennt, wohl aber historische Einträge als Bielatal. Insofern sei es mir verziehen, wenn einmal nichts Tschechisches an erster Stelle steht.
 
Inzwischen habe ich mich auch noch mal erkundigt. Hast Recht. Biela. Der Bach in Bodenbach ist der Jílovský potok (Eulabach) und er fließt durch Bünau. Ich hatte es verwechselt.
Alles gut, entschuldige bitte.

Helge
 
Inzwischen habe ich mich auch noch mal erkundigt. Hast Recht. Biela. Der Bach in Bodenbach ist der Jílovský potok (Eulabach) und er fließt durch Bünau. Ich hatte es verwechselt.
Alles gut, entschuldige bitte.

Helge
Es ist alles gut, ich wusst nur nicht so recht, wie es um den Ernst der Frage bestellt war ;-)
 

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vozmistr
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