Hier sollten unbedingt zwei Dinge auseinander gehalten werden:
TT-Präsentation auf einer Messe (mit Modellen der aktuellen Epoche) einerseits und die konkrete Ausstellung der thematischen Anlage eines Moba-Clubs andererseits.
Genau darum geht es. Wir haben auf der einen Seite eine wunderbare Anlage der TT-Freunde aus Leinefeld und auf der anderen Seite die Frage der richtigen Marktstrategie. Und hier kommt auch der AKTT ins Spiel. Versuchen wir es mal auseinanderzubröseln.
Der Modellbahnmarkt in Westdeutschland ist vier- bis fünfmal so groß wie der in Ostdeutschland. Der westdeutsche Modellbahner ist auch bedauerlicherweise 20 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch zahlungskräftiger. Er ist trotz diverser Pleiten verwöhnt durch das sehr große Angebot von Herstellern der Baugröße HO und N. Wenn die TT-Hersteller nicht in ihrer Nische bleiben, sondern wachsen und überleben wollen, müssen sie den westdeutschen Markt erobern.
Der westdeutsche Modellbahner ist im Durchschnitt 50 Jahre alt. Neueinsteiger sind heutzutage kaum noch im Kindesalter, sondern entstammen der Altersgruppe der 35-45jährigen. Mit anderen Worten, der durchschnittliche Westeisenbahner wurde hier in den sechziger und siebziger Jahren sozialisiert. Für ihn war die deutsche Trennung in der Regel das Normalste der Welt. Deutschland endete an der Mauer. Holland, Frankreich oder Spanien lagen ihm mehr am Herzen. Da machte er Urlaub, da kannte er sich aus. Wenn er mit Bahn fuhr, zur Schule oder zur Arbeit, dann bekam er noch die alte DB und die allmählich einsetzenden Veränderungen des Streckennetzes bzw. der Fuhrparks mit. Auf Reisen lernte er die Bahnwelt der Schweiz und die TGVs in Frankreich kennen. Und Dostos sah er zum ersten Mal bei einem Wochenendtripp nach Holland. Mit anderen Worten, wenn der Durchschnittswessie nicht gerade Dampfbahner ist, kann er mit der Deutschen Reichsbahn der DDR wenig anfangen.
In einem anderen Tread habe ich mal gesagt, es hat keinen Zweck irgendwelchen Wunschträumen nachzuhängen, sondern man muss den Menschen da abholen, wo er steht. Will sagen, wenn ich auf einer repräsentativen herstellerorientierten Modellbahnmesse im tiefsten Westdeutschland neue Kunden oder Interessenten gewinnen will, dann muss ich mich den Vorstellungen der Zielgruppe anpassen. Und das sind zu 95 % Westdeutsche plus Besucher aus den Benelux-Ländern.
Diese Forderung richtet sich nicht nur an die betreffenden Firmen, sondern auch an die ideellen Aussteller. Damit meine ich nicht die Leinefelder. Die wurden gefragt, ob sie teilnehmen wollen. Und sie wären blöd gewesen, wenn sie mit ihrer phantastischen Anlage nicht die Chance genutzt hätten. Aber man hätte von Seiten der Fa. Tillig und Kühn und auch vom AKTT bei der Messeleitung und der Moba darauf drängen müssen, dass die bereits eingeplante Anlage der Modellbahner aus dem Bergischen Land dazu kommt. Die ist nicht nur genauso so sehenswert wie die Leinefelder, sondern „spielt“ im Westen und in Epoche IV und V.
Ich verstehe nicht, wieso die Beteiligten sich diese Chance haben entgehen lassen. Das ist doch das kleine marktwirtschaftliche Einmaleins!
Zum Mitmeißeln. Es geht hier nicht um eine Ost-West-Debatte. Aber wir hatten als einziges Land der Welt 40 Jahre lang zwei Eisenbahnwelten und demzufolge auch zwei Modellbahnwelten. Und es ist schön, beides darstellen zu können. Aber wenn ich jemand „anfixen“ will, dann führt der Weg immer vom Bekannten zum Unbekannten. Und nicht umgekehrt.
Wolfgang