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Tja, leider macht es einem die französische Eisenbahn nicht leicht mal einfach so durch das Land zu reisen. In der Fläche ist der Zugverkehr leider extrem dünn.
Ja, is klar, kann ja auch jeder machen, wie er will. Mit etwas Planung geht es aber doch, gerade, wenn es entlang der wenigen Trassen ist. Ich stichele halt bei so was immer mal, um darauf aufmerksam zu machen, daß oft viel zu unbedacht wieder in die Blechschüssel gestiegen wird und gleichzeitig gejammert, daß immer mehr Bahnstrecken ausgedünnt, stillgelegt oder was weiß ich, werden. Die Verkehrswende muß im Kopf beginnen und besteht nicht aus E-Autos.
Aber noch mal auch von mir, sehr interessanter Beitrag mit Fachwissen und Bildern, danke!
 
Nach ein paar Tagen in Granville brachen wir zu unserer nächsten Etappe in Richtung Le Havre auf.
Seit dem 1. Juli gilt in Frankreich ein neues Tempolimit auf Landstraßen. Statt wie bisher 90 km/h, darf man nun nur noch 80 km/h fahren. Wird man mit 20 km/h drüber erwischt, kostet das in Frankreich mindestens EUR 135. Ich war erstaunt, wie entspannt die französischen Autofahrer in der Provinz sind. Alle hielten sich an das Tempolimit, es gab auch reichlich stationäre Blitzer. In Frankreich wird man von hinten geblitzt. Also den Tempomat eingestellt und "Mr. Sulu" hatte das Kommando. Viele Ortsdurchfahrten, viele Kreisverkehre. Es ging durch eine wunderschöne Landschaft.

Eine erste Pause legten wir in Coutances ein. Wir besichtigten die Kathedrale Notre-Dame de Coutances. Gleich neben unserem Parkplatz lag der Bahnhof. Was für ein Zufall.

Coutances EG.jpg
Ein modernes Empfangsgebäude, mit großzügigen kostenlosen Parkplätzen und einem Busbahnhof daneben. Auch hier wieder eine geöffnete Fahrkartenausgabe, ein Wartesaal mit Getränke- und Snackautomaten. Alles sauber, gepflegt und ohne Grafitti.

Coutances Bstg.jpg
Der Bahnhof an der eingleisigen Strecke von Folligny nach Lison liegt in einem großen Bogen. 3 Bahnsteiggleise gibt es und die "Bahnmeisterei" ist hier auch stationiert. X 76619 wartet auf seinen nächsten Einsatz. Es ist die dieselelektrische Variante des AGC (Autorail à grande capacité). Diese Züge gibt es auch als reine Elektroversion ZGC, Hybridversion (Diesel und 1500 V) als BGC und Hybridversion (Diesel, 1500 V und 25 kV 50 Hz) als BBGC/BiBi.

72631.jpg
Auf dem Stumpfgleis 3 wartete der dreiteilige Dieseltriebwagen X 72631 auf seinen nächsten Dienst. Die Serie X 72500 wurde von 1997 - 2002 bei Alsthom gebaut. Es gibt sie als zwei- oder dreiteilige Züge. Ab März 1999 wurden sie auch zwischen Paris und Granville eingesetzt. Erhebliche Geräuschemissionen im Leerlauf führten zum Spitznamen "Staubsauger". Wegen Problemen mit den Frontklappen wude die Höchstgeschwindigkeit ab dem Jahr 2010 von ursprünglich 160 km/h auf 120 km/h reduziert.

Coutances Bm.jpg
Auf den Gelände der "Bahnmeisterei" lagen große Stapel ausgebauter und maroder Holzschwellen. Den "Schotter" würde ich höchstens als Gleiskies bezeichnen. Reinen Betonschwellenoberbau habe ich auf den Nebenstrecken nicht entdeckt.

Coutances Oberbau 1.jpg
Diese Oberbauart habe ich auch schon anderswo gesehen. Allerdings nicht in dieser Ausführung.

Coutances Oberbau.jpg
Im Nebengleis wieder der französische Stuhlschienenoberbau. Schön zu erkennen die Keile aus gebogenem Blech. Das die Lasche am schwebenden Schienenstoß auch die Unterseite der Doppelkopfschiene umfasst, habe ich so auch noch nicht gesehen.

Coutances Signalbrücke.jpg
Bahnhofskopf in Richtung Lison. Eine Signalbrücke überspannt drei Gleise. Wer es noch nicht mitbekommen hat. In Frankreich besteht Linksverkehr. Also stehen (bzw. hängen) auch die Signale links vom Gleis. Krokodile liegen im Gleis in Höhe der Signale. Auch hier ist eine Ausfahrt von den Nebengleisen (ganz rechts, hinter dem Pfeiler) auf Signal möglich.

Eine Pause legten wir in Houlgate ein. Hier verläuft die Strecke Trouville-Deauville - Dives-Cabourg direkt zwischen der Küstenstraße und dem Strand auf dem Deich. Die App der SNCF zeigte einen Zug in 20 Minuten an. Ich entschied mich also für eine etwas längere Pause.

75xxx.jpg
Der dreiteilige X 76 528 übernahm an diesem Tag den Verkehr auf der Strecke. Auf der gut 25 km langen Strecke gibt es keine Weiche und keine Ausweichmöglichkeiten mehr. Etliche Bahnhöfe sind stlillgelegt und zurückgebaut. In Dives-Cabourg endet die Strecke stumpf am Haltepunkt am Prellbock. Nur eine einzige Zuggarnitur ist auf der heutigen Stichstrecke unterwegs.

Houlgate 2.jpg
Die Strecke wude vor einigen Jahren "modernisiert". Der alte Stuhlschienenoberbau (Reste davon fand ich noch am Böschungsfuß) wurde gegen Breitfußschienenoberbau ausgewechselt. Heute herrschen dort immer noch Holzschwellenoberbau und geschraubte 15 m-Schienen vor. Nach deutschen Verhältnissen eher "Steinzeit".
Eine Statistik aus dem Jahr 2015 geht von 50.000 Fahrgästen pro Jahr auf dieser Strecke aus. Davon jeweils 20.000 in den Urlaubsmonaten Juli und August. Die restlichen 10.000 Fahrgäste verteilen sich über den Rest des Jahres. Offenbar herrscht dort wirklich nur Andrang in der Haupturlaubszeit. Es gab früher auf dieser Strecke sogar durchgehende Züge von und nach Paris.

Mathias
 
Ich danke allen Interessenten an diesem Thema für ihre Rückmeldungen.

Mathias
 
Toller Bericht, vielen Dank.
Bernd
 
Auf dem Weg kamen wir durch Deauville. Als ich das Ortseingangsschild sah, musste ich an den Film "Wir fahren nach Deauville" denken. Ein Klassiker mit Louis de Funès.

Le Havre ist eine große Industrie- und Hafenstadt an der Seinemündung. Wir überquerten die Seine auf der Pont de Normandie, mit 856 m Spannweite des Mittelteils die längste Schrägseilbrücke Europas. Sie ist mautpflichtig, die Urlaubskasse wurde mit EUR 5,40 belastet.

Straba 1.jpg

Le Havre verfügt seit dem 12. Dezenber 2012 wieder über eine Straßenbahn. Es verkehren zwei Linien mit einer Länge von 13 km. Hier die Endhaltestelle Porte Oceane.

Straba 2.jpg

Eingesetzt werden fünfteilige Züge des Typs Alstom Citalis 302, die über die gesamte Länge niederflurig ausgeführt sind.
Der Bahnhof war nur 7 Gehminuten von unserem Hotel entfernt. Eine gute Gelegenheit für einen Abendspaziergang.

EG.jpg

Als Kopfbahnhof ausgeführt, liegt er mitten in der Stadt.

Bahnhofshalle.jpg

Lichtdurchflutet und sauber präsentierte sich die eindrucksvolle Eingangshalle.

Grundsteinlegung 05. Mai 1931.jpg

In die Seitenwand eingelassen findet man einen Gundstein des neuen Bahnhofs aus dem Jahr 1931.

Bahnsteighalle.jpg

Die imposante Bahnsteighalle verfügt über 4 Gleise, es herrscht reger Verkehr. Außerhalb der Halle gab es noch ein weiteres Bahnsteiggleis.

Ausfahrt.jpg

Im Regionalverkehr nach Rouen sind Alstom Coradia Duplex Doppelstocktriebzüge der Reihen Z 24500 (dreiteilig) und Z26500 (vier- und fünfteilig) eingesetzt. Sie können unter beiden Fahrdrahtspannungen von 1,5 kV Gleich- und 25 kV Wechselspannung eingesetzt werden und sind für 160 km/h zugelassen.

BB 15045.jpg

In der Abstellgruppe war BB 15045 im Corail plus-Design zu sehen. Zur Bespannung von Wendezügen wurde sie mit einer zeitmultiplexen Wendezugsteuerung (MUX) nachgerüstet.

Lok 8206.jpg

Für den Rangierdienst stand die zweiachsige 8206 bereit. Sie gehört zur Reihe Y 8000 und wurde von 1977 - 1989 in 325 Exemplaren gebaut. Die Fahrleitungsanlage ist in der Abstellgruppe nur als Einfachfahrleitung ausgeführt. Neben dem massiven Betonprellbock die Vorheizanlage für Reisezüge.

Mathias
 
In der Abstellgruppe war BB 15045 im Corail plus-Design zu sehen.
Mathias
kleine Korrektur: Die Lackvariante dieser Lok nennt sich Multiservice - Design. Das wurde für Loks entwickelt, die geschäftsbereichübergreifend eingesetzt werden sollten.

viele Grüße
Matthias
 
@ Hallenser
Danke für die Korrektur

@ Per
Die Hintergrundinfos bekomme ich aus verschiedenen Quellen. Fachbücher über Triebfahrzeuge, Oberbau und Elektrifizierung in Europa. Die genaue Kenntnis der deutschen Varianten und Ausführungen lassen einen dann recht schnell die Unterschiede erkennen. Beim Stuhlschienenoberbau hat "Das deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart" von 1911 und der "Röll" von 1912 geholfen.
Die Einsetzfähigkeit der Triebwagen und Lokomotiven ergibt sich meistens schon aus den Anschriften. Eine Auswahl von Kursbüchern der SNCF von 1951 bis 1988 hilft bei der Streckenbeschreibung, den Fahrzeiten und eingesetzten Zügen. Die korrekte deutsche Entsprechung von Automotrice zu Autorail ist nicht so einfach zu definieren. Dennoch möchte ich meinen Lesern nicht nur Bilder präsentieren, sondern auch das dahinter erklären. Vieles notiere ich mir vor Ort, den Rest nach dem Urlaub.
So wie hier: www.tt-board.de/forum/threads/mit-dem-euronight-nach-budapest.50214

Le Havre.jpg

Diese Beschriftung an der Mauer, die den Bahnsteig begrenzt, hat mir gefallen.

SAV.jpg

Über den Zweck dieser kurzen "Schienenauszugsvorrichtung" im Bahnsteiggleis bin ich mir nicht ganz klar. Es gibt dort keine beweglichen Brücken oder ähnliches, die eine SAV erfordern würden.

B 82639.jpg

Hier fährt der Triebwagen B 82693 in Gleis 1 ein. Er kann unter Fahrleitung mit 1,5kV =, 25kV, 50Hz ~ und mit Dieselantrieb fahren. Das "Ausfahrsignal" steht abweichend rechts vom Gleis. Links ist kein Platz wegen der Weichenverbindung. Der weiße Pfeil zeigt zu dem Gleis für das es gilt.

73630.jpg

Auf der anderen Seite fuhr der Triebwagen der Reihe 73500 ein. Der kam mir irgedwie bekannt vor. So was hab ich auch doch schon zu Hause gesehen. Wenn das mal keine BR 641 "Walfisch" ist. Und siehe da, ich hatte recht. Es war ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der SNCF und der DB. In Frankreich heißt er "Blauwal" (Baleine bleue), wohl wegen der Farbgebung.

Signal.jpg

Dieses Signal sah man überall auf den Bahnsteigen und in den Gleisanlagen herumstehen. Ein "Handstoppsignal", offenbar vielfältig einsetzbar, vergleichbar mit unserer Sh 2 - Scheibe.

Ausfahrsignale.jpg

Rechts eine ältere Form der Signalbrücke. Nach dem Besuch des Bahnhofes begab ich mich noch auf eine Runde um das Objekt. Von der Brücke im Hintergrund hatte man doch bestimmt einen schönen Blick auf das Ensemble. Hatte man auch, leider gegen die tiefstehende Sonne.

Corail-Steuerwagen.jpg

Auf einem Nebengleis konnte ich von der Brücke aus einen Corail-Steuerwagen neben der Dieseltankstelle erkennen.

Die Innenstadt von Le Havre ist im Krieg größtenteils zerstört worden. Das Stadtzentrum wurde nach Plänen des Architekten Auguste Perret von 1945 bis 1954 wieder aufgebaut. Mich erinnerte die Architektur ein wenig an Eisenhüttenstadt. Unbedingt besuchenswert ist die Kirche St. Josef. Der durch durch tausende Glasbausteine innen farbig ausgeleuchtete 107 m hohe Turm erinnert von außen an einen Leuchtturm. Ein architektonisches Meisterwerk nur aus Beton.

Mathias
 
Die nächste Etappe unseres Urlaubs führte uns von Le Havre nach Lille. Wir nahmen die Küstenstraße am Ärmelkanal entlang. Erster Zwischenstopp war in Étretat. Hier gibt es eine 6 km lange Draisinenbahn zwischen Étretat und Les-Loges Vaucottes-sur-Mer. Leider war keine Draisine zu entdecken.

Etretat 1.jpg

Der heutige Endpunkt der Strecke in Étretat. Die Draisinenbahn endet heute ca. 200 m vor dem ehemaligen Empfangsgebäude. Auf der ehemaligen Ladestraße befindet sich heute das Polizeirevier und ein Caravanparkplatz.

Etretat 5 EG.jpg

Ein Blick über die trennende Hecke zeigt das ehemalige EG. Heute alles Privatgelände.

Etretat 3.jpg

Die Strecke verfügt noch über Stuhlschienenoberbau. Allerdings in einem grottigen Zustand. Für eine Draisinenbahn mag es ausreichen. Meine Kollegen von der Fahrbahn im Netzbezirk Seddin fanden diese Bilder "höchst amüsant".

Etretat 4 Profil.jpg

Das Profil einer Doppelkopfschiene, links ist der Kopf abgefahren rechts noch "neuwertig".

Etretat 2 Beilagen.jpg

Wenn der Metallkeil die Schiene nicht mehr ausreichend im Stuhl hält, kommen eben Beilagen zum Einsatz.

Etretat 6 Radlenker.jpg

Das total abgenutzte Herzstück im Stammgleis der Weiche erfordert eben besondere Maßnahmen. Die Kollegen der SNCF (oder die der Draisinenbahn) erfanden dazu einen "federnden Kurzradlenker" mit verringerter Rillenweite, der die Radsätze der Draisinen sicher über die total kaputte Herzstücklücke führt. Das Herzstück liegt auch nur auf Holzunterlagen ohne Befestigungsmittel auf den Schwellen auf.

Laut Internet fahren die Draisinen nur talwärts von Les-Loges Vaucottes-sur-Mer nach Étretat und werden dann von einem Locotracteur Y 2296, gebaut von Decauville 1959, wieder die Strecke hinauf geschoben. Das habe ich, zum Glück nicht gesehen.

Mathias
 
Zuletzt bearbeitet:
Mich erinnerte die Architektur ein wenig an Eisenhüttenstadt.
Ja, Le Havre ist bekannt für seinen "Brutalismus", er nimmt gerade wieder an Beliebtheit zu, nachdem es ("Eisenhüttenstadt") schon sehr oft abgerissen oder "modernisiert" wurde. Ist wie mit den Dampfloks, früher Schrott, heute Kulturgut.
 
Man muss in der Tat immer wieder in Erinnerung bringen, dass Deutschland für die Verwüstungen und Verbrechen in der Normandie verantwortlich zeichnet, auch wenn die Bombardements im Falle von Le Havre von den Allierten ausgingen. Die Auszeichnung der farbigen Betonarchitektur als Weltkulturerbe geht schon in Ordnung, auch wenn mir im ersten Moment das Stadtbild auch nicht so zugesagt hat. Diese Architektur -Oskar Niemeyer lässt grüßen- galt in den 50er Jahren als wegweisend und ist "Gold" gegen das was ansonsten europaweit in den Großstädten gebaut wurde.
Aber lasst uns jetzt wieder zu den großartigen Fotos von Bksig zurückkehren.

Wolfgang
 
Auf unserer vorletzten Etappe nahmen wir die Küstenstraße am Ärmelkanal entlang. Den nächsten Halt nach Étretat legten wir in Fécamp ein. Die Mädels wollten bei 35 Grad baden, ich schaute mir lieber den Hafen und den Bahnhof an. Vom einstigen Bahnhof mit 6 Gleisen und einem Anschluss zum Hafen ist nichts mehr übrig.

Fecamp 1 EG.jpg

Wo einst die Gleise lagen, ist heute eine große Grünfläche. Das Empfangsgebäude wurde renoviert und am 8. Dezember 2016 feierlich wiedereröffnet. Auch hier ein geöffneter Fahrkartenschalter, alles blitzsauber und schön.

Fecamp Bodet Uhr.jpg

Hauslieferant für die Uhren der SNCF ist die Firma Bodet. Modell: Profil TGV. Sie gibt es als klassische Zeigeruhr mit gelben Zeigern auf schwarzem Zifferblatt oder als Segmentanzeigeuhr mit gelben elektromechanisch angetriebenen Segmenten auf schwarzem Grund.

Fecamp 2 Bstg.jpg

Ein Gleis endet heute stupmf am Prellbock im Rücken des Fotografen. Alle zwei Stunden verkeht ein Zug nach Le Havre.

Fecamp Oberbau.jpg

Auch hier ein für mich ungewohnter Oberbau. Am Schienenstoß (natürlich 15 m Schienen, geschraubt) gab es Langlaschen auf hölzernen Doppelschwellen mit 6 Bohrungen pro Lasche. Irgendwie sahen alle Schienenstöße wie gefettet oder geschmiert aus. Der Sinn dahinter erschloß sich mir nicht.

Von Fécamp ging es weiter nach Lille, der letzten Station unserer Frankreichreise.
Der heutige Bahnhof Lille Flandres wurde von 1869 bis 1892 erbaut. Die Fassadenfront des ehemaligen Belgischen Bahnhofs (heute Gare du Nord) in Paris wurde akribisch dokumentiert, sorgfältig abgebaut, nach Lille transportiert und dort wieder aufgebaut. Ein zusätzliches Stockwerk und ein Uhrturm wurden dem Kopfbahnhof hinzugefügt. Eine frühe Form des Recyclings.

Lille EG Postkarte.jpg

Alte Postkarte des Bahnhofs in Lille, gekauft im Bahnhofsshop. Leider undatiert.

Lille Flandres 1 EG.jpg

Und so sieht es heute aus. Der Bahnhofsvorplatz ist Baustelle wird gerde umgestaltet.
Unser Hotel lag nur 8 Gehminuten entfernt, also für mich eine gute Gelegenheit einen abendlichen Spaziergang zum Bahnhof nach der Stadterkundung und dem Abendbrot im Hotel zu unternehmen.

Bahnsteighalle.jpg

Bahnsteighalle mit Palmen auf dem Bahnsteig. Auch hier wieder die klassische Gleisverbindung zwischen den Bahnsteiggleisen mit 2 Weichen über einen Weichenhebel mittels Gestänge angetrieben.
Links ein Triebwagen der Reihe Régio2N von Bombardier. Es sind Gliedertriebzüge mit Jakobs-Drehgestellen. Hier als siebenteilige Variante. Die Endwagen sind einstöckig ausgeführt. Interessanterweise haben die doppelstöckigen Mittelwagen keine Türen. Auf der Innotrans 2014 in Berlin habe ich einen solchen Zug als Z 55517 besichtigen können.

Bahnsteighalle 1.jpg

Am Gleis 10 ist der TGV Duplex 244 der Reihe 29000 eingefahren. Um die exakte Halteposition am Bahnsteig genau zu treffen hat der Triebfahrzeugführer eine kleine Hilfe. Die Stange an der Bahnsteigkante mit dem Pfeil und dem Schild sollte idealerweise genau in Höhe des Seitenfensters sein, dann passt es perfekt.

Mathias
 
Am 3.08. auf dem Zentralbahnhof von Avignon:Zentralbahnhof Avignon.JPG
Im Bahnhof standen diese Fahrzeuge:
- Zweisystemdoppelstocktriebzug der BR Z 23500
Zweisystemdoppelstocktriebzug BR Z 23500.JPG
- Zweisystemtriebzug der BR Z 27500
Zweisystemtriebzug BR Z 27500.JPG
- Zweikrafttriebzug der BR B 81500
Zweikrafttriebzug BR B 81 500.JPG
und eine Rangierlok der BR 8400.
Rangierlok BR Y 8400.JPG
Insgesamt hat mir die Sauberkeit und die Atmosphäre auf diesem Bahnhof sehr gefallen.
Vor dem Bahnhof war ein Teil der Straßenbahnbauselle zu sehen. Die Stadtväter von Avignon lassen eine neue Straßenbahn bauen.
Straßenbahnbaustelle.JPG
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf den 17 Bahnsteiggleisen in Lille Flandres ist immer Betrieb. Im Hintergrund die Brücke des Boulevard Louis Pasteur, von dort hat man eine schöne Aussicht auf das Bahnhofsvorfeld.

Paralleleinfahrt eines Alstom Coradia Duplex (links) und eines X 23500 (rechts), der doppelstöckige zweiteilige Triebwagen für den Nahverkehr ist für 140 km/h zugelassen. Ob die vielen herunterhängenden Schläuche und Kabel zur Schaku vor dem Schneepflug im Winter nicht stören?

Paralleleinfahrt1.jpg

Erstaunt war ich über die doch recht einfach ausgeführten Stromabnehmer des Alstom Coradia Duplex. Nur eine einfache Schleifleiste ohne Doppelwippe. Keine Schleifleistenbruchüberwachung der nur 690 mm breiten Schleifleiste. Die Wippenbreite beträgt im 25 kV Netz nur 1450 mm. Andere Länder - andere Sitten.

Stromabnehmer.jpg

Auch die Bauform der Streckentrenner fand ich sehr intereressant. Vorwiegend Isolatoren mit großen Glasschirmen waren eingebaut.

Trenner.jpg

Bei der Vielzahl an Weichenverbindungen, Kreuzungen, Einfachen- und Doppelten Kreuzungsweichen bildete die Oberleitung ein kompliziertes Netz.

Oberleitungen.jpg

Noch stehen sie am Bahnsteigende, die alten Signalbrücken. Die Ablösung in Form neuer, einzeln stehender, Signale liegt schon am Boden bereit.

Signalbrücke.jpg

Am letzten Abend habe ich ihn dann doch noch aus der Nähe gesehen. Belgischer Triebwagen der Reihe AM 96. Erinnert ein wenig an eine dänische IC3 "Gumminase" der DSB-Baureihe MF. Die belgischen AM 96 sind allerdings von Bombardier/Alstom gebaut. Zweisystemfähig für 3kV = und 25 kV~ werden die dreiteiligen und 160 km/h schnellen Züge auf der IC-Linie 04 nach Belgien eingesetzt.

B 474.jpg

Auf dem Bahnsteig dann noch die Variante der Bahnhofsuhr der SNCF als Digitaluhr von Bodet.

Lille Digitaluhr.jpg

Eisenbahninfrastruktur ist langlebig. Dazu gehören neben Oberleitungsanlagen auch die Schienen. Hier ein Exemplar mit dem Walzjahr 1959.

Schiene Völklingen 1959.jpg

Mathias
 
Nur einen Steinwurf von Lille Flandres entfernt liegt der neue Bahnhof Lille Europe. Er dient dem Fernverkehr und umgeht den alten Kopfbahnhof.

Lille Europe 3.jpg

Halb Unterirdisch gelegen verfügt er über 6 Gleise. Die inneren Durchfahrgleise und rechts und links davon jeweils ein Inselbahnsteig. Eine Seite bekommt Tageslicht, die andere liegt immer im Dunkel. Obwohl der neueste Bahnhof, machte er auf mich den schmuddeligsten Eindruck aller besuchten Bahnhöfe.

Lille Europe 2.jpg

Der Zugang zum Eurostar erfogte über Sicherheitsschleusen wie im Flughafen.

Lille Europe 1.jpg

Der Bahnsteig mit den Gleisen 44 und 46. Links neben der Trennwand die beiden Durchgangsgleise. Es rauscht, dröhnt, man sieht die Druckwelle förmlich auf einen zukommen und die Züge donnern mit 200 km/h vorbei. Interessanterweise sind die Bahnsteigabschnitte bei der SNCF nicht von A steigend aufeinanderfolgend sondern von Z sinkend markiert.

Lille Europe 43, 45.jpg

Der Bahnsteig mit den Gleisen 43 und 45 liegt abends auf der Sonnenseite. Hier sind die Öffnungen zu den Durchfahrgleisen mit Gittern versehen. Neben den angebrachten Fangmatten fand ich die Längsabtrennung aus Glas des Bahnsteiges bemerkenswert. Am Fuße der Treppen und Rolltreppen gibt es beidseitig Tore. Entweder kommt man zum Gleis 43 oder zum Gleis 45.
Kurz vor dem Eintreffen des Eurostar begab sich reichlich Sicherheitspersonal auf den Bahnsteig. Gefühlt stand alle 20 m einer.

Stromabnehmer 1.jpg

Hier kann man gut die unterschiedlichen Stromabnehmer für die jeweiligen Stromsysteme erkennen.

SNCF Infra.jpg

Auf dem Weg zum Hotel sah ich aus dem Augenwinkel doch noch was interessantes. Also noch mal einen Umweg zum alten Bahnhof.
Dort standen gleich zwei Exemplare der dieselelektrischen Reihe BB 67200. Heute im Dienst als Arbeitszug- und Schlepplok für liegengebliebene TGV mit absenkbarer Scharfenbergkupplung ausgerüstet. Ungewohnt die Drehgestelle des Typs 210. Beide im Depot Longueau (herrliches Wort mit 4 Vokalen hintereinander) beheimatet.

BB 67274.jpg

Und damit war unsere Reise duch Frankreich beendet. Wir sind wegen der zu erwartenden Temperaturen in der Nacht nach Hause gefahren. Von Lille ging es quer duch Belgien (mit nachts beleuchteter Autobahn) und Holland. Schnell noch in Belgien tanken, in Holland kostete der Liter 20 Cent mehr. Dann über die A3 und die A2 nach Hause. Im unvermeidlichen Stau auf der A2 konnten wir noch die totale Mondfinsternis bewundern.

Die SNCF wird ja zukünftig in eine Aktiengesellschaft nach deutschem Vorbild umgewandelt. Nach der Nationalversammlung stimmte im Juni 2018 auch der Senat in Paris mit einer großen Mehrheit dem Schlüsselprojekt von Präsident Emmanuel Macron zu. Wochenlange Streiks gingen danach zu Ende. Wie wird sich die SNCF in ein paar Jahren präsentieren?
Wir werden es auf unserer nächsten Frankreichreise erleben. Und ich werde wieder davon berichten.

Mathias
 
Hallo Mathias,

danke für Deinen Bericht. Auch wenn mich die Bahnverwaltung und die Epoche nicht tangieren, waren Deine Fotos und Schilderungen immer recht interessant. :zustimm:
 
Hallo,

wir waren auch bei unseren Nachbarn in Frankreich im Urlaub. Immer wieder eine Reise wert.
In Montpellier stand diese Lok und der Personenwagen für die Freunde der Epoche I.
Leider stand die Sonne ungünstig.

viele Grüße
Thomas
 

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Im Nachgang unserer Frankreichreise ist mir noch etwas aufgefallen.

Der fränzösische Komponist Arthur Honegger, geboren in Le Havre, komponierte 1923 den sinfonischen Satz "Pacific 231".
Pacific 231 steht hier für eine Lokomotive mit der Achsfolge 2’C1’, also eine entsprechende Lokomotive der DR der BR 01 oder 03 der DR.
In meiner Schallplattensammlung befindet sich eine Supraphon Aufnahme des Prager Sinfonieorchsesters von 1963 in Mono. Einfach genial, wie Honegger eine Fahrt mit einer "Pacific" umgesetzt hat.

Das Werk besteht aus fünf Teilen, in denen die verschiedenen Bewegungsabläufe musikalisch umgesetzt werden:



    • 1. Stillstand
    • 2. Das Anfahren der Lok
    • 3. Zunehmende Geschwindigkeit
    • 4. Fahrt mit Höchstgeschwindigkeit
    • 5. Abbremsen und Anhalten
Mathias
 
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