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Bksig 516

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Den diesjährigen Urlaub verbrachten wir im Norden Frankreichs, für uns das erste Mal. Zur Urlaubsvorbereitung für den Eisenbahnliebhaber gehörte auch die Beschaffung des Eisenbahnatlas Frankreich von Schweers & Wall. http://www.schweers-wall.de/atlas_frankreich.html
In erster Linie war es ein Familienurlaub, alle Bilder entstanden also eher nebenbei. Ich hatte weder Zeit noch Lust auf "den" richtigen Zug oder gar den richtigen Sonnenstand zu warten. Einen abendlichen Spaziergang zum Bahnhof habe ich mir bei Gelegenheit neben dem Kultur- und Besichtigungsprogramm trotzdem gegönnt. Wie immer interessierte mich alles rund um die Bahn, Triebfahrzeuge und Wagenmaterial, Oberbau- und Oberleitungsbauarten und das Betriebliche natürlich.

Da uns die Tagesetappe von Berlin nach Paris zu groß war, planten wir eine Zwischenübernachtung in Aachen ein.

Der Aachener Hauptbahnhof, in einem großen Bogen gelegen, mit reichlich Verkehr.

Aachen Halle.jpg

Hier konnte ich auch den neuen Hilfszug von DB Netz ablichten.

Aachen Hilfszug.jpg
186 299- 4 zog einem Güterzug durch den Bahnhof.

Aachen 186 299-4.jpg
Wenn man keinen Platz für ein Standardsignal auf dem Bahnsteig hat muss man eben was besonderes nehmen. Zwischensignal 04ZR3 mit reichlich "Zubehör".

Aachen 04ZR3.jpg

Ein schönes Vorbild für die Modellbahn. Bogenweiche im Bahnsteigbereich.

Aachen 1.jpg

Mathias
 
Hehe, die Normandie ist nicht Ch'ti-Land ;)
Irgendwie sind dieses Jahr einige (unabgesprochen) in F (gewesen).
 
Die Ch'tis sind in der Region Nord-Pas de Calais zu Hause. Ich war da erst vor kurzem. Eine durchaus lohnende Reise für kulturell Interessierte (Louvre II in Lens) oder Strandfreunde (Le Touquet-Paris Plage). Allerdings käme für die meisten Deutschen beim Studium der Speisekarte das typische Frankreichbild durcheinander, wenn man auf der Speisekarte das Gericht "Potjesfleesch" entdeckt.
Eisenbahnmäßig ist in der Region nicht mehr so viel los. Wie bei uns Streckenstilllegungen ohne Ende. Bksig war den Schlagworten nach zu urteilen in der Normandie unterwegs und da gibt es durchaus mehr zu berichten.

Wolfgang
 
In der Region Nord - Pas-de-Calais waren wir auch ... aber später.
Am Tag nach dem Endspiel und dem Sieg der Franzosen ging es über Belgien nach Paris. Wir entschieden uns für die mautfreie Variante über die N 2 nach Paris. Unser Hotel lag im 18 Arrondissement im Norden der Stadt. Die Metrostation Porte de Clignancourt der Linie 4 lag ganz in der Nähe. Das Auto war im Parkhaus bestens aufgehoben. Den Pariser Stadtverkehr wollten wir uns nicht antun. Einchecken, auspacken, duschen und ab in die Stadt. Immer die Rue du Mont-Cenis hinauf nach Montmartre zur Basilika Sacré-Cœur. Der Blick über die Stadt entschädigte für die Mühen des Aufstieges. Und abends noch mal einen Abstecher zum Gare de l’Est, dem Ostbahnhof von Paris.

Auf der leeren N 2 in Richtung Paris.

N2.jpg

Im Parkhaus waren auch etwas ältere Modelle abgestellt. Für 3 Tage immerhin € 75,00 aber in der Stadt ist das Parken am Straßenrand fast unmöglich.

Garage.jpg
Und dann stand sie da auf Gleis 30. Für mich der Innbegriff einer französischen Elektrolok. Ihre Silhouette designte Paul Arzes in der Form der Position eines "Sprinters in seinem Startblock". Von den Eisenbahnern zu „Nez cassés" (sinngemäß: gebrochene Nase) verballhornt. Aber auch unsere Lokomotiven haben ja Spitznamen. Grand-Confort-Farbgebung, Achsformel B´B´, jedes Drehgestell hat nur einen Fahrmotor. Sie kann nur im 25 kV, 50 Hz Wechselstromnetz verkehren. Mit einer Leistung von 4400 kW ist sie 160 km/h schnell.

Wie ist das eigentlich mit dem fotografieren auf Bahnanlagen in Frankreich? Direkt nebenan war die Bahnpolizeiwache. Einfach mal Fragen. Einfach ... wenn man kaum ein Wort französisch spricht. Das geht schon irgendwie mit Händen und Füßen und ein bisschen Englisch. Ich durfte.

15008 Seite.jpg

15008.jpg
Das alte Logo der SNCF von 1937 prangt an der Front. Die Fusion der damaligen fünf großen französischen Eisenbahnen wird durch die Verstrickung von vier Buchstaben dargestellt, die den Namen des neuen Unternehmens ausmachen: Die SNCF.

15008 Logo.jpg

Vor jeder Ansage das Do, sol, la, mi des SNCF-Jingles und die unvergleichliche Stimme von Simone Hérault über die Lautsprecher des Bahnhofs. Es ist schön hier.

Paris Est Bahnsteige.jpg
Mathias
 
Ich schlendere ein wenig über die Bahnsteige. Erstaunt war ich über den Oberbau. Alles Holzschwellen, viele am Ende ihrer Liegedauer.

Nur eine Unterlagsplatte in einer Aussparung der Holzschwelle und als Verspannungselemente trapezförmige Bleche. Bei uns würde man das als Klemmplatte bezeichnen.

Oberbau 1.jpg

Zwei Gleise weiter wurden meine Augen noch größer. Formschlüssige unmittelbare Befestigung des Schienenfußes auf der Unterlagsplatte mittels Schwellenschraube, bei der Deutschen Reichsbahn gab es so etwas mal unter der Bezeichnung "Oberbauart N". Hier wurde sogar noch auf das "Klemmplattenblech" verzichtet.

Oberbau 2.jpg

Typisch für Kopfbahnhöfe in Frankreich ist die Gleisverbindung am Bahnsteig zum Umsetzen der Zuglokomotive. Die beiden Weichen werden gleichzeitig über einen Stellhebel mechanisch über ein Gestänge bewegt.

Paris Est Weichenverbindung.jpg

Dafür erschien wenigstens die Prellböcke recht massiv und ihren Aufgaben gewachsen. Gut zu erkennen der Weichenstellhebel. Einige der Verbindungen waren noch aktiv, manche abgebunden und an einer habe ich sogar ein Vorhängeschloß zur Sicherheit entdeckt.

Prellböcke Est.jpg

Die 25 kV Fahrleitung war im Bereich der Bahnsteige nur als Einfachfahrleitung ausgeführt. Im Bereich der Bahnsteige wird ja auch langsam gefahren.

Fahrleitung Gare del Est.jpg

Der Gare de l’Est wurde 1849 durch die Compagnie du chemin de fer de Paris à Strasbourg eröffnet und seither mehrfach umgebaut und erweitert.

EG Gare del Est.jpg

In der Vorhalle findet man ein 1926 entstandenes Wandgemälde von Albert Herter, einem amerikanischen Kunstmaler. Es trägt den Titel: Die Abfahrt der Frontsoldaten, August 1914.

Bild Albert Herter.jpg

Mathias
 
Hi Mathias,

Das ist ein sehr interessanter Beitrag von Dir, Du hast ein Auge für Details.
Die französischen gepfeilten E-Loks fand ich auch schon immer super.
Was ich so höre muss Bahnfahren in Frankreich auch
A) erschwinglicher
B) pünktlicher
Und C) zügiger und besser getaktet

Sein als was die "DB" so bei uns zaubert.

Viele Grüße
Maik
 
Leider gehen die jetzt außer Dienst. Habe letztes Jahr in Rouen viele z gestellt gesehen.
 
@motoermaik

Dafür ist das Störungmanagement eine Katastrophe. Da müssen die Fahrgäste schon mal 12h und mehr ohne Licht, Klima, Heizung, Toiletten usw. im TGV ausharren.
Habe ich schon öfter in der Fachpresse gelesen das sowas vorkam. In Deutschland in diesem Ausmaß noch nicht.
 
Was ich so höre muss Bahnfahren in Frankreich auch
A) erschwinglicher
B) pünktlicher
Und C) zügiger und besser getaktet

Aus eigener Erfahrung eher das Gegenteil. Man lernt schätzen, was man in Deutschland hat.
Die TGV-Verbindungen in Frankreich sind gut und zügig. Jedoch völlig anders vom Konzept. Man benötigt eine Platzreservierung, die Züge sind idR komplett ausgelastet. Spontan mitfahren nicht möglich. Zudem völlig auf Punkt-zu-Punkt-Verkehre ausgerichtet, in der Regel auch nur auf Paris. Oft auch die letzte Meile über ziemliche Pisten. Umsteigeverbindungen funktionieren oft nur mit sehr langen Übergängen und/oder über Paris, so dass Zeitvorteile durch die Geschwindigkeiten schnell weg sind.
Der "normale" Verkehr ist eher ein ziemlicher Flickenteppich. Nur regional gibt es mit Deutschland vergleichbare Nahverkehre, ganze Regionen sind mit dem Zug nicht oder nur schwer zu erreichen, was dann auch eher an Bundesbahn Ende der 80er Jahre erinnert - Lok und abgefahrene Abteilwagen.
Die Infrastruktur außerhalb der Magistralen ist in der Regel in einem furchtbaren und ziemlich ineffizienten Zustand.
Ist aber alles stark im Umbruch. Auch Frankreich muss sich nun endlich öffnen und bspw. Regionalverkehre ausschreiben. Der SNCF wurden und werden aber für irrsinnige Summen Berge von neuen Fahrzeugen mitgegeben, gleichzeitig als Beschäftigungstheraphie für die örtliche Schienenfahrzeugindustrie.
Mit was man rechnen muss, sind Streiks und zwar so richtig mit nichts geht mehr. Die diesjährige massive Streikwelle dürfte allerdings das nahe Ende der staatlichen Güterverkehrssparte stark gefördert haben.

Daniel
 
Hi Mathias,

Das ist ein sehr interessanter Beitrag von Dir, Du hast ein Auge für Details.
Die französischen gepfeilten E-Loks fand ich auch schon immer super.
Was ich so höre muss Bahnfahren in Frankreich auch
A) erschwinglicher
B) pünktlicher
Und C) zügiger und besser getaktet

Sein als was die "DB" so bei uns zaubert.

Viele Grüße
Maik

Das stimmt leider gar nicht. Abseits der Verbindungen von/nach Paris ist das Zugangebot recht dünn. Wenige durchgehende Verbindungen und keine Taktung, wie zwischen Toulouse und Nizza.

Bei Marseille bin ich ich einmal über drei Stunden in einem zug gestrandet, weil das (alte) Triebfahrzeug nicht mehr weiter wollte. In sommerlicher Hitze ohne Klima keine angenehme Sache.

Bei einer Fahrt von Mainz nach Dijon wurde wieder einmal gestreikt, wie der lothringische Schaffner in einem Dialekt ähnlich dem saarländer Platt erklärte. Weil es aber zwischen Metz und Dijon nur 2-3 tägliche durchgehende Verbindungen gab, wurden diese nicht bestreikt. Dafür standen die FRETchen mit ihren Güterzügen still.
 
In der Tat ging in den beiden vergangenen Jahrzehnten das Geld fast ausschließlich in den wahnsinnig schnellen Ausbau der Fernverbindungen (TGV). Mit der überraschenden Folge, dass viele Leute jetzt täglich 200 km und mehr nach Paris pendeln und die Züge rappelvoll sind. Jemand der im Großraum Paris wohnt und mit RER und Bus zum Arbeitsplatz fährt, ist häufig länger unterwegs als der Fernpendler. Ganz abgesehen von dem besonderen Charme der Vorortzüge. Dagegen sind deutsche RB's und S-Bahnen der reinste Luxus.


Wolfgang
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat aus "Big Yellow Taxi":
>> don'it it always seem to show, that you don't know what you've got 'till it's gone<<
Bei uns wohl besonders ausgeprägt.
 
Was für Fahrzeuge gab es im Gare de l’Est zu sehen? Neben der gezeigten BB 1508 natürlich noch eine ganze Menge anderer Fahrzeuge.

Am Gleis 27 stand TGV 542, ein TGV Réseau (französisch für Netz), eine Weiterentwicklung aus dem TGV Atlantique. Länge mit 8 Mittelwagen 200 m. Es sind Zweisystemzüge für 1,5 kV Gleichspannung oder 25 kV, 50 Hz Wechselspannung

TGV 542 Est.jpg

Ein paar Gleise weiter ein fast baugleich erscheinender Zug. Der TGV 4522 ist ebenfalls ein TGV Réseau allerdings als Dreisystemzug für 1,5 kV und 3,0 kV Gleichspannung oder 25 kV, 50 Hz Wechselspannung der Baujahre 1992 - 1994.

TGV 4522.jpg

Auf einem weiteren Gleis führ ein doppelstöckiger Triebwagen der Reihe 20500 ein.
Es sind fünfteilige doppelstöckige Zweisystemzüge für den Vorortverkehr in Paris für 1,5 kV Gleichspannung oder 25 kV, 50 Hz Wechselspannung. Interessant die Ausrüstung mit Scharfenbergkupplung (mit obenliegendem "Steuerstromklavier" wie bei der Berliner S-Bahn) und gleichzeitigen (und offensichtlich auch benutzten) Seitenpuffern.

20554 27A Est.jpg

Als modernstes Fahrzeug konnte ich den Gliedertriebzug Alstom Coradia Polyvalent entdecken. Den gibt es als Zweikrafttriebzug (elektrisch und dieselelektrisch). Den gibt es drei, vier und sechsteilig. Dieselgetrieben fährt er 160 km/h und elektrisch sogar 200 km/h. Später werden wir ihn noch wiedersehen.

Alstom Coradia Polyvalent.jpg

Als letztes begegnete mir noch ein TGV der Marke Ouigo. Das ist sozusagen der "Billigflieger" der SNCF. TGV Duplex (doppelstöckig) nur 2. Klasse, keine Speisewagen, nur ein kleines Gepäckstück definierter Größe pro Reisender erlaubt, Ticket nur online oder über mobile App, Halt nur an abgelegenen Bahnhöfen (um Bahnhofsbenutzungsgebühren zu sparen), eingeschränkter Kundendienst. Ryanair auf dem Schienennetz sozusagen.

TGV Ouigo.jpg

Mathias
 
Ja, denn war ein Familienurlaub und kein Eisenbahntrip.

In Paris nutzten wir bei den vorherrschenden Temperaturen gerne die Metro. Unser Hotel lag an der Linie 4, welche die Stadt in Nord-Süd-Richtung durchquert. Betrieber ist die RATP (Régie autonome des transports Parisiens), der staatliche Betreiber des öffentlichen Personennahverkehrs in Paris und dem nahen Umland.
Die Stationen erinnerten mich sehr an die Londoner Underground, überwiegend Richtungsbahnsteige, teilweise verwinkelte lange Fußwege und keinesfalls Behindertengerecht.

Station Strasbourg Saint Denis. Fahrbahn der Linie 4. Die Fahrwerke der Metro waren hier seit 1966 mit stickstoffgefüllten Reifen neben herkömmlichen Stahlrädern mit erhöhten Radreifen zur Spurführung ausgerüstet. Im tiefer gelegten Kanal zwischen den Gleisen liegen Ersatzschienen und Drosselstoßtransformatoren zur Gleisfreimeldung.

Strasbourg Saint Denis Fahrbahn.jpg

Die Station Strasbourg Saint Denis ist schon für den Umbau vorbeitet und die Wandverkleidung wurde schon entfernt.

Strasbourg Saint Denis.jpg

Hier sieht man die mit Stickstoff gefüllten Reifen hinter den Trengittern. Triebfahrzeug MP 89 CC.

Stickstoffreifen.jpg

Mathias
 
In der Stadt ist die Metro unser bevorzugtes Transportmittel. Auf dem Weg zur Kathedrale Notre-Dame de Paris stiegen wir an der Station Cité aus. Sie wurde wegen des nassen Bodens in Seinenähe aus insgesamt 3 Senkkästen hergestellt.

Metro Cite.jpg
An den Bahnsteigenden sind die elliptischen Caissons aus dem Jahr 1910 noch gut erkennen. Man kommt sich vor wie im inneren eines riesigen Tanks.

Metro Cite Fahrstuhl.jpg
Im südlichen Zugangsbauwerk kann man auch mit Fahrstühlen fahren. Abfahrt alle 30 Sekunden.

Metro Cite Ausgang.jpg
Natürlich gibt es auch eine Treppe für die gut 20 m Höhenunterschied.

Eingang Cite.jpg
Oben erwartet einen dann einer der von Hector Guimard im Jugendstil entworfene Zugänge.

Mathias
 
Nur eine Metrostation oder ein kurzer Fußweg vom Gare de l’Est befinder sich der Gare du Nord. Mehrfach umgebaut und erweitert ist er der Bahnhof in Frankreich mit den meisten Passagieren am Tag.

Auch hier wieder Oberbau wie ich ihn schon lange nicht mehr gesehen habe. Auch der verwendete Schotter ist nicht so scharfkantig wie ich ihn von den deutschen Bahnen kenne.

Oberbau Nord 1.jpg

Wohl eines der ältesten Zugbeeinflussungssysteme der Welt, die noch in Betrieb sind. Crocodile, ein bereits 1872 von den Ingenieuren Lartigue und Forest der Compagnie des Chemins de fer du Nord (NORD) erdacht. Heute bei der SNCF als RPS bezeichnet. Eine Kontaktbürste am Triebfahrzeug streift über den gewellten Stahlsteg und mit Spannung von + 20 Volt gegenüber der Schiene wird die Beeinflussung an Vorsignalen in Warnstellung ausgelöst.

Crocodile Nord.jpg

In 12 Minuten wird der IC nach Amiens abfahren. Zuglok ist die Zweisystemlok BB 22244.

Nord 22 244.1.jpg

Den Wagenzug brachte BB 22227 nach Paris Nord. Nachteil des Kopfbahnhofes. Bis zur Abfahrt wartete sie am Prellbock des Bahnsteiges. Sie ist die erste Serienlok bei der die Frontscheiben zugunsten eines geräumigeren Führerstands weniger steil ausgeführt wurden.

Nord 22 227 Ausfahrt.jpg

Auf der anderen Bahnhofsseite fuhr ein Regionalzug mit BB 15056 im "En voyage" Design ein.

15056.jpg

Interessant an den Doppelstockwagen fand ich das das Profil im Dachbereich zwar voll ausgenutzt wird, aber die Fenster im Oberstock gerade sind.

Doppelstockwagen.jpg

Die Waggons sind nur zweitklassig, 26,40 m lang, nur in Frankreich und für 160 km/h zugelassen. Die Bremsbauart ist die bei uns nicht vorkommende Charmilles-Bremse, eine Hochleistungsbremse mit automatischer Lasttabbremsung.

Mathias
 
Nach diversen Sehenswürdigkeiten ging es natürlich auch auf den Eiffelturm. Zum Glück hatten wir die Tickets schon lange vorher im Internet gekauft und hofften nun auf schönes Wetter und keinen Streik.

Mit der Metro ging es nach Umsteigen bis zur überirdisch liegenden Station Bir-Hakeim

Bir Hakeim.jpg

Von dortaus war es nur noch ein kurzer Fußweg bis zum Eiffelturm.

Eiffelturm.jpg

Nach mehrmaligen Sicherheitskontrollen ging es dann im Nordpfeiler nach oben.

Kreuzung Metro.jpg

Die Aussicht ist grandios. Bei gutem Wetter kann man 80 km weit sehen. Auf der Pont de Bir-Hakiem begegnen sich gerade zwei Metrozüge.

Aussicht.jpg

Mit diesem Bild verabschieden wir uns aus der französischen Hauptstadt.

Mathias
 
Unsere nächste Station war Granville, ein Badeort in der Normandie. Granville wussten auch schon ab den 1920-er Jahren die Pariser zu schätzen, es gab und gibt durchgehende Verbindungen nach Paris. Also ging es quer durchs Land immer parallel der Bahnlinie in Richtung Westen. Weist das Kursbuch von 1959 noch eine Entfernung von 328 km zwischen Paris Montparnasse und Granville auf, so sind es im Kursbuch von 1985 nur noch 318 km. An der Strecke hat sich nichts geändert, also wahrscheinlich eine Frage der Tarifkilometer.

Gare de Granville.jpg

Es ist ein Kopfbanhhof mit 4 Bahnsteiggleisen, am 03. Juli 1870 eröffnet. Ursprünglich war die Strecke von Paris bis Granville komplett zweigleisig ausgebaut. Zwischen 1994 und 1999 wurde die Strecke modernisiert, wobei allerdings abschnittsweise die Strecke auf ein Gleis zurückgebaut wurde.

Natürlich wurden wieder Holzschwellen eingebaut. Zum Vergleich: Die DV 820 (Oberbauvorschrift) der DR schreibt seit 1977 die grundsätzliche Verwendung von Betonschwellen (mit wenigen Ausnahmen) vor.

Bahnsteige.jpg

Auch hier wieder die Gleisverbindung zwischen den Bahnsteiggleisen, mit mechanisch bedienten Weichen.

Vorhalle.jpg

Eine top renovierte Vorhalle mit geöffneter Fahrkartenausgabe. Wie überall in Frankreich gibt es keine gedruckten Aushangfahrpläne. Die Informationen über Abfahrt und Ankunft (auch Busse), sowie die jeweiligen Gleise erfolgen über Monitore.

Bunker.jpg

Am Bahnsteig A entdeckte ich einen Splitterschutz-Bunker aus dem II. Weltkrieg. Granville war durch die Wehrmacht besetzt.

Gedenkstein.jpg

Nicht weit davon entfernt ein Gedenkstein zur Erinnerung an die durch die Kriegshandlungen 1939 - 1945 getöteten Mitarbeiter der SNCF.

Weichenverbindung.jpg

Der Oberbauzustand war ähnlich wie der, den ich in Paris schon kennengelernt habe. Holzschwellen (manche kurz vor dem "biologischen Zerfall") mit formschlüssiger Befestigung, verkrautete Bettung aus sehr kleinem Schotter oder Kies. Wozu die aufgeschweißten Riffel an der Zwischenschiene wohl gut sein mögen?

Aber vielleicht sieht das ja nur hier im Bahnhof so aus? Als ich einen Bahnübergang auf der freien Strecke überquerte stellte ich fest: Alles genau so.
Die SNCF hat in den letzten Jahrzehnten leider nur große Investitionen in das prestigeträchtige HGV-Netz getätigt, im Bestandsnetz wurden nur wenige Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt. Das soll sich jetzt ändern. Nötig ist es.

Dieseltankstelle.jpg

Ein alter Kesselwagen am Bahnsteigende weckte meine Neugier. Ich tippte ja auf eine provisorische Dieseltankstelle. Eine verblasste Gefahrguttafel gab über den Inhalt Aufschluss: Benzin / Ottokraftstoff. Die Klopfprobe ergab: Leer. Ursprünglich besaß er wohl auch mal Heizleitungen.

Technicentre Normandie.jpg

Am 10. Juni 2015 wurde in Granville die neue Wartungswerkstatt des Technicentre Normandie eingeweiht. Sie verfügt über 2 je 120 m lange Hallengleise mit Untersuchungsgruben und Dachbühnen, einen 6,3 Tonnen-Kran und eine Achssenke sowie Außenanlagen. Hier werden alle Régiolis-Züge der Linie Paris - Granville gewartet.

Wartungsanlage.jpg

Um die elektrischen Komponenten der Zweikrafttriebzüge B 84500 (Diesel, 1,5 kV =, 25 kV 50 Hz ~) Alstom Coradia Polyvalent zu warten, gibt es hier im tiefsten Dieselnetz Frankreichs ein Stück Oberleitung über den Wartungsgleisen. Das gefällt mir.

Leider mißlang der Versuch im Gespräch mit dem zuständigen Fahrdienstleiter von Granville herauszubekommen, mit welchem Stromsystem die Wartungsgleise gespeist werden. Ich konnte mein Anliegen wohl nicht so recht verständlich vorbringen. Jedenfalls hatte er danach ein wachsames Auge auf den komischen Deutschen mit der Kamera, bis er den Bahnhof endgültig verließ.

Einfahrt.jpg

Gemäß Anzeiger sollte in 20 Minuten der vorletzte Zug des Tages aus Paris eintreffen. Er fährt von Paris bis Dreux (82 km) elektrisch unter Oberleitung, ab da mit Diesel. Ich wartete noch die Einfahrt des Zuges aus Paris ab, bevor ich mich in mein unweit des Bahnhofs liegenden Hotels begab. Ich würde wiederkommen.

Mathias
 
Zuletzt bearbeitet:
Am nächsten Abend besuchte ich den Bahnhof noch mal. Kurioserweise befand sich die gleiche Triebwageneinheit (2 x 6-teilig) am Bahnsteig.
Ich begann meinen Rundgang am Hausbahnsteig. Dort fiel mir ein Schild mit einer Gleisplanskizze des Bahnhofs auf. Was will der Eisenbahner mehr?

Gleisplan.jpg

Ein Anschlussgleis zum Hafen war eingezeichnet. Nach einigem Suchen konnte ich es auch hinter dem Bahnhof finden.

Hafengleis.jpg

Am Böschungsfuß kann man es ziemlich verkrautet erahnen. Es führte mitten duch die Stadt zum Hafen.

Im Souvenirladen gab es eine Ansichtskarte von der Ortsduchfahrt zum Hafen. Die "Ritzenschieber" reinigten die Rillenschienen vor der Duchfahrt des Zuges vom Hafen zum Bahnhof. Man kann heute noch die Stelle in der Stadt finden. Der Balkon und die Fallrohre am Haus links sind unverändert. Das rechte Haus wurde abgerissen und duch einen Neubau ersetzt.

Ortsdurchfahrt.jpg

Triebzug.jpg

Die eingesetzten 6-teiligen Triebwagen der Baureihe B 84500 (Régiolis) Alstom Coradia Polyvalent haben die Achsfolge Bo’2’2’2’+Bo’2’2’Bo’. Die Züge sind vollständig niederflurig, fast alle Komponenten (auch die Dieselmotoren) sind auf dem Fahrzeugdach untergebracht. So auch die Anlagen der Brandschutzanlage.

Feuerlösch.jpg

Stickstoff mit einem Druck von 200 bar und Frostschutzzusatz Temper S auf dem Dach.

Norrmandie.jpg

Die Züge sind mit einer aktuellen Werbekampagne für die Normandie gestaltet. Man findet sie auf vielen Merchandising-Artikeln hier in der Gegend. Von Tassen über Untersetzer bis zu Postkarten.


Am nächsten Tag ging es zur Abtei Mont Saint Michel. Der Berg und seine Bucht gehören seit 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Das Auto muss man einige Kilometer entfernt auf einem zentralen Parkplatz lassen. Von dort geht es entweder zu Fuß, mit dem Pferdewagen oder einem originellen Zweirichtungsbus Contrac DES (beides kostenlos) zum Fuß des Berges in der Bucht. Die Zweirichtungsbusse werden eingesetzt, weil es am Mont Saint Michel keine Wendemöglichkeit gibt.

Mont Saint Michel.jpg

Alle 3 Möglichkeiten auf einem Bild

Bus 1.jpg
Früher verkehrte dort auf einem Damm die schmalspurige (1000 mm) Compagnie des Tramways Normandie zwischen Pontorson und Mont-St-Michel. Das Motiv entstamt einer Postkartenserie.

Le Mont Saint Michel.jpg

Nach der Besichtigung (Hinweg zu Fuß und Rückweg mit dem Bus) konnten wir unser Parkticket nur mit Kreditkarte (€ 6,-) bezahlen. In der naähe des parkplatzes befand sich auch die Endhaltestelle der Zweirichtungsbusse. Vorwärts rein ... Fahrgastwechsel + der Fahrer wechselt seinen Arbeitsplatz, die jetzt unbenutzten Rückspiegel klappen ein, Front-und Schlusslichter wechseln ... und rückwärts wieder raus.

Endhaltestelle.jpg
Mathias
 
Zuletzt bearbeitet:
Vor ein paar Jahren konnte man direkt am Mont St Michel parken. Da die Bucht immer mehr verlandete, hat man den Parkplatz und den Damm abgerissen und diese neue Brückenlösung geschaffen. Das Ziel ist, dass der Berg wieder vollständig von Wasser umflossen wird (bei Flut).
 
@Lokwolf
Bei Flut ist der Berg schon wieder gut umspült, bei Springflut sogar schon komplett.

Auf dem Rückweg kamen wir durch Avranches. Der Bahnhof liegt an der Strecke Dol-de-Bretagne - Folligny - Lison - Bayeux - Caen und wird mit Dieseltriebwagen bedient. Die zweigleisige Strecke von Dol geht in Avranches eingleisig weiter. Der Oberbau ist im letzten Jahr erneuert worden.
Avranches war früher Knotenpunkt. Hier konnte man in das 1000 mm Schmalspurnetz der Chemins de fer de la Manche als auch in die 1000 mm Schmalspurlinie Avranches - St-James der Compagnie des Tramways Normandie umsteigen.

EG.jpg
Das EG frisch restauriert, der Parkplatz und die Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe. Auch hier wieder eine geöffnete Fahrkartenausgabe und ein Informationsbüro für Touristen.

EG innen.jpg

Der Inselbahnsteig ist über einen durch Lichtzeichen für Fußgänger gesicherten Gleisübergang zu erreichen. Die Hauptgleise hatten einen neuen Schotteroberbau.


Bahnhof 1.jpg

Oberbau 1.jpg

Auf dem Nebengleis entdeckte ich eine weitere Oberbaubefestigung in Kiesbettung. Außen hielt eine Schwellenschraube mit dem Kopf den Schienenfuß auf einer an den Enden hochgebogenen Unterlagsplatte. Innen zwei leicht versetzte Schwellenschrauben. Eine hielt die Unterlagsplatte auf der Schwelle, die zweite den Schienenfuß.

Oberbau 2.jpg
Und dann, zu meiner großen Freude, entdeckte ich auf dem Nebengleis noch den französischen Stuhlschienenoberbau. Die Schiene ist eine sogenannte Doppelkopf- oder Stuhlschiene. Sie gibt es als symmetrisches (beide Köpfe gleich) oder als unsymmetrisches Profil. Sie ist nicht so hoch wie eine bei uns übliche Vignol- oder Breitfussschiene. Der ursprüngliche Gedanke bei der Einführung dieses Schienentyps war, die Schiene nach der entsprechenden Abnutzung des einen Schienenkopfes um 180 Grad zu drehen und kopfüber wieder einzubauen. Die abgefahrene Seite liegt nun unten im Schienenstuhl und die "neue" Seite oben. Doch die Idee funktionierte in der Praxis nicht. Die Lagerung der Schiene im Schienenstuhl erzeugte am untenliegenden Schienenkopf Quetschungen und Verdrückungen im Abstand der Schienenstühle, die nach der Drehung einen sehr unruhigen Fahrzeuglauf erzeugten. Die nun untenliegende Seite hatte durch die ungleichmäßige Abnutzung des Profils keinen guten Sitz im Schienenstuhl.

Oberbau 3.jpg
Auf der Außenseite des Gleises wird die Schiene durch einen Keil im Schienenstuhl fixiert. Ursprünglich waren das Hartholzkeile. Bei trockenem Wetter schrumpften sie, lockerten sich und fielen sogar heraus, bei nassem Wetter quollen sie auf und sprengten teilweise die gegossenen Schienenstühle. Die Befestigungen mussten täglich durch Streckenläufer kontrolliert werden. Brauchbar waren die Holzkeile nur in Tunnelstrecken in denen eine gleichbleibende Luftfeuchtigkeit herrschte. Später wurden die Keile aus einem gebogenen Blech geformt, welches eine gewisse Federwirkung hatte und die Schiene fest in den Stuhl drückte. Die deutschen Eisenbahnen experimentierten auch mit dem Stuhlschienenoberbau, er setzte sich aber endgültig nur in England und Frankreich durch.

Handweichen.jpg
Interessant auch die Ausführung der Handweichen in den Nebengleisen in Avranches. Umgeben von einem Schutzgerüst liegt der Stellhebel ohne Handfalle in Gleisrichtung. Ohne das bei uns übliche Stellgewicht, welches die Weiche in der jeweiligen Endlage hält. Die Festlegung erfolgt über einen Federapparat. Alles Außenbogenweichen. In die / aus den Nebengleise kann man von der Hauptstrecke signalisiert ein- und ausfahren.

Signal.jpg

Das französische Signalsystem der SNCF ist nicht mit wenigen Sätzen zu erklären. Hier gibt es eine historisch gewachsene, gänzlich andere Sicherheitsarchitektur, als bei den deutschen Eisenbahnen. Ich habe auch noch nicht alles verstanden. Wir sehen sozusagen das "Ausfahrsignal" von Avranches in Richtung Folligny. Das alles hier zu erklären, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.

Mathias
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie jetzt, und als Eisenbahnfan mit dem Auto hingefahren?!:argh::narrwech:
Tja, leider macht es einem die französische Eisenbahn nicht leicht mal einfach so durch das Land zu reisen. In der Fläche ist der Zugverkehr leider extrem dünn.
 
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