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U-Bahnen – Deutschland und weltweit

Es ist faszinierend, zu sehen, was man im Alltag "übersieht". Ich komme öfter an den von Dir gezeigten Stationen vorbei und gelobe für die Zukunft, diese etwas bewusster wahrzunehmen. (...)
Das ist unter anderem ein Ziel dieser Bilderserie, den Fokus mehr auf das "Drumherum" zu richten als auf die "Eisenbahn" an sich (was eine U-Bahn im weitesten Sinne ja auch ist), um den Blick genau dafür zu schärfen.

Bei mir war es ja ähnlich gewesen: Als ich mit der fotografischen Dokumentation ausgesuchter U-Bahnstationen Berlins begann, ergab es sich automatisch, die Geschichte dessen nachzulesen, was da auf den Bildern festgehalten wurde. Und das schärft tatsächlich den Blick für Details. So kann ein Besuch dieser Stationen zu einer echten Entdeckungsreise werden.
 
Wir setzen unsere Reise im Berliner Untergrund fort und erreichen eine Station, die schwindlig macht und dem edlen Rebensaft und seines eigenen Gottes gewidmet ist - der Name verrät es schon ein bisschen: Rüdesheimer Platz!

Die Haltestelle Rüdesheimer Platz

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Hier feiert Dionysos ein rauschendes Fest an Pracht und künstlerischer Herrlichkeit. Die Haltestelle Rüdesheimer Platz steht ganz im Zeichen der Weinbautradition der namensgebenden Stadt im Rheingau, wo schon die Römer sich der edlen Tropfen hingaben, die aus den dort gut gedeihenden Trauben flossen. Faune und Satyrn, Trauben und Weinlaub zieren die Station auf edlen Fliesen, an deren Üppigkeit das Auge sich berauschen kann. Der Gott des Weines und des Rausches hat den Berliner Untergrund hier fest in seiner Hand und lässt die Sinne tanzen.

Die Fülle an figürlichen Details laden ein zum Entdecken. Die Darstellung auch von Insekten und Kriechtieren, welche zur Lebendigkeit eines Weinberges dazugehören, veranlasste den respektlosen Berliner Volksmund dazu, dieser Station despektierlich den Namen "Wanzenbahnhof" zu verleihen.

Zeitgleich mit dem Bau der unterirdischen Haltestelle entstand der oberirdische Rüdesheimer Platz. Bis heute wird selbiger von viergeschossigen Bauten umrahmt, die nach den Plänen von Paul Jatzow von 1910 bis 1914 errichtet wurden. Es lohnt sich also, dem Bahnhof als auch dem namensgebenden Platz einen Besuch abzustatten.

Daten und Zahlen

Eröffnungsdatum der Station: 12. Oktober 1913
Kurzzeichen der Station: Rd
Länge der Bahnhofshalle: 111,5 m
Breite der Bahnhofshalle: 13,5 m
Bahnsteigbreite: 8,1 m
Tiefe der Station: 4,1 m unter der Straße
Architekt: Wilhelm Leitgebel

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Gestaltung

Die Seitenwände der Bahnhofshalle sind im Sockelbereich mit grüngrauen Fliesen verkleidet, über dem sich die hellockerfarbenen Seitenwände erheben. Ein dunkelgrüner Keramikstreifen trennt den Sockel von den sich wiederholenden Nischen, die in hellbeige gehalten sind, welche wiederum von Lisenen gerahmt sind. Den oberen Abschluss bildet ein Fries mit dunklen Keramikfeldern und Kartuschen über den Lisenen. Die geputzten Lisenen sind mit Keramikplatten dekoriert, welche Tierdarstellungen zeigen. Der Abschlussfries ist mit Weintrauben-, Faun- und Satyrdarstellungen geschmückt

Die tiefen Nischen, die halbrund in die Wand eingelassen sind, nehmen den Stationsnamen auf, der aus Mosaiken gebildet ist. Die flachen und rechteckigen Nischen sind als Reklamefelder ausgeführt, die moderne Kunst präsentieren, die durch ihre Farbenpracht durchaus mit der Bahnhofsgestaltung harmoniert.

Die Bahnhofsstützen bestehen aus mit Granit verkleideten achteckigen Pfeilern, deren Basis rund gehalten ist. Diese tragen die grob verputzte und kassettierte Decke.

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Beide Bahnhofsausgänge befinden sich auf Mittelinseln der Rüdesheimer Straße. Sie wurden im Kriege schwer beschädigt, wurden anschließend jedoch in Anlehnung an ihre Vorgängerbauten wiederhergestellt. Jedoch fallen die Treppenumwehrungen niedriger aus als beim bauzeitlichen Original. Jeweils zwei Pylonen werden von Laternen bekrönt.

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An den Eingangshallen haben sich die bautypischen Bodenplatten sowie die Wandlampen erhalten, deren Konsolen aus Gesichtern bestehen, deren Attribute an die vier Elemente erinnern sollen. Diese finden sich wiederholend auch in den Stationen Hohenzollerndamm und Breitenbachplatz.

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Satyrdarstellungen.
Satyre sind die dämonenhaften Gefolgsleute des griechischen Gottes Dionysos - Herrscher über Wein und Rausch.

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Diese zahlreichen Insektendarstellungen waren eine schon fast notwendige Herausforderung an die sprichwörtliche Berliner Schnauze, welche dieser Station den Namen "Wanzenbahnhof" verlieh.

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Die Lampenfelder der Deckenbeleuchtung sind mit Mosaiken geschmückt, welche Weintrauben und Weinlaub bzw. -Ranken schmücken.

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Auch in dieser Station haben sich die bauzeitlichen schmiedeeisernen Gittertore erhalten können, die mit ihren Zierelementen die Thematik der Haltestelle aufnehmen.

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Spreeathen im besten Sinne des Wortes! Ein Besuch, der sich lohnt.
 
Viel, viel Geld! Doch schwieriger wäre es, überhaupt einen Architekten zu finden, der die Balance zwischen Schmuckhaftigkeit und Sachlichkeit einzuhalten vermag. Da wird´s nämlich eng im Gebälk.

Berühmt für ihre sehr üppige Pracht ist ja die Moskauer Metro. Deren Ingenieure und Architekten ließen sich übrigens von den Bahnhöfen der "Wilmersdorf-Dahlemer Schnellbahn" inspirieren. Aber im Gegensatz dazu wirken die Stationen der Moskauer Metro vollkommen überladen und erschlagen den Betrachter förmlich, zumal sie monothematisch sind und keine inhaltliche Stringenz aufweisen. Auf jeder Station siegt tausendfach der Kommunismus. Das wird irgendwann langweilig. Einfach nur alles mit barocken Elementen vollgeklatscht. Wer´s mag ...
 
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