Verkauf von ROKAL an RÖWA
Habe gerade erst Deinen Artikel gelesen, vielleicht kann ich Dir mit den nachstehenden Zeilen etwas weiterhelfen:
Im Mäürz 1970 fror die Deutsche Bank Ag, als Hauptkreditgeber der Firma ROKAL GmbH, aufgrund der kritischen Liquiditätsenge (hervorgerufen durch die Automobil-Krise) ein und verlangte die zukzessive Rückführung. Dies veranlasste der Firmeninhaber Robert Kahrmann zu Umdispositionen. Innerhalb der einzelnen Abteilungen erwies sich zunächst der Armaturenbereich ind den Jahren 1969 und 1970 als großer Verlustträger, so dass man diesen Bereich 1971 aus der Gesellschaft ausgliederte unter Gründung einer neuen ROKAL Armaturen GmbH. Die Firma ROKAL GmbH behielt von dieser neuen Firma 49 % der Geschäftsanteile. Der Erlös aus der Veräußerung wurde vornehmlich von der Deutschen Bank zur Rückführung der Kredite einbehalten, so dass eine Liquiditätsverbesserung nicht eintrat. Als nächsten wurde die Modellbahn-Abteilung, die ebenfalls Verluste aufwies (große Konkurrenz durch die N-Bahnen und Autorennbahnen), an die Fa. RÖWA in Unteresingen veräußert. Da die Fa. RÖWA kein entsprechendes Kapital zur Verfügung hatte, erfolgte die Übernahme der maschinellen Einrichtung und Vorrichtungen, der Warenbestände einschließlich des know how gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der Firma RÖWA in Höhe von 50 %. Die ROKAL GmbH stellte zur Liquiditätsverbesserung der RÖWA zukzessive in den Jahren 1971 und 1972 weitere Barmittel zur Verfügung; dennoch verschlechterte sich die finanzielle Situation bei der Firma RÖWA weiter. Der Firma ROKAL GmbH jedoch wurden durch diese Transaktionen dringend selbst benötigte liquide Mittel entzogen. Im Gegensatz zu den schriftlichen Versprechungen in einer Übernahmeinformation für die Kunden von RÖWA und ROKAL begann bei RÖWA das große "Aussortieren", wie der RÖWA Katalog von 1972/73 beweist. Darin beginnt das TT-Bahnangebot ab Seite 55 mit den Triebfahrzeugen V 60, SNCB BR 260 und den Neuentwicklungen DB V 212 und DB V 216, allerdings nur als Ankündigungen. Die schon seit langem in der Fertigung stehende V 60 war interessanterweise auch nicht lieferbar. Mit "sofort lieferbar" deklariert waren die Katalogabbildungen der Dampflokmodelle BR 89 - TR, BR 85 und BR 24. Die Schnellzugdampflok BR 03 trug den Vermerk "vorläufig nicht lieferbar". Sofort lieferbar waren wiederum die TEE-Lok E 03 und die SBB Ellok Ae 6/6. Alle anderen Lokmodelle waren nicht mehr im Katalog von RÖWA enthalten. Auf Seite 59 wurden groß herausgestellt die Container-Tragwagen, SBBK4, Gms54, Gmmehs56 und Pwghs54. Erfreulicherweise sind eine Anzahl der Containerwagen Lbs598 ausgelifert worden, die mittlerweile bei Sammlern äußerst begehrt sind. Mit der Auslieferung der Container-Tragwagen verbreitete sich ein allgemeiner Optimismus unter den TT-Freunden und hoffnungsfroh haben alle an ein Weiterleben der TT-Bahn "im Westen" geglaubt. Dieser Glaube erfuhr dann in 1974 ein jähes Ende. RÖWA selbst ging in Konkurs; als Folge des ROKAL-Konkurses als der Konkursverwalter die Beteiligungsanteile von ROKAL bei RÖWA "einforderte". Die inzwischen sechs Jahre dauernde Ungewissheit über die BRD-TT-Bahn-Situation war mit diesem RÖWA-Konkurs nun endgültig beantwortet - oder? Vielleicht wäre es richtiger gewesen zu sagen: "Das Ziel, die TT-Produktion in der BRD zu vernichten, ist erreicht!". Es bedarf nicht viel Phantasie, sich die Spektulationen hinter den Kulissen des Modellbahnmarktes auszumachen. So völlig unbeteiligt, wie man sich nach außen hin gab, war die Branche sicherlich nicht. Denn eine Resitance gegen die TT-Spur ist in der Branche bis zum heutigen Tag erkennbar geblieben. Darauf deuten unzählige, of nebensächlich erscheinende, Verhaltensweisen. Sehr zurückhaltend zeigte sich auch der Fachjournalismus. Kein Artikel, der sich tiefgreifend mit dem Schicksal der Nenngröße TT auseinander zu setzen versuchte, gelangte in die Öffentlichkeit, wärhend man in alle anderen Dinge hineinstieß und darüber engagiert berichtete. Auch wird es interessant, wenn man die RÖWA-Konkursabwicklung verfolgt:
Einige ehemaligen ROKAL-Kundendienstfirmen bemühten sich um die TT-Konkursmasse. Hauptsächlich waren sie an den Formen und Werkzeugen für die Triebfahrzeugproduktion interessiert; denn diese Teile waren für die Existenzfähigkeit einer Modelleisenbahnfertigung von existenzieller Bedeutung. Über den Verbleib der TT-Fertigungsteile konnte bis heute keiner etwas in Erfahrung bringen. Alles andere, wie Halbfertigwaren, Gleise und auch Fertigmodelle waren verfügbar, sind auch, soweit es die Finanzen der Interessenten zuließ, gekauft worden und entgingen damit der Vernichtung. So soll einer der Interessenten das Verhalten der Konkursverwaltung als "Ausweichmanöver" bezeichnet haben. Um noch Einiges zu retten, verfolgte dieser "Jemand" die mit Teilen aus der Konkursmasse beladenen LKW. Diese transportierten ihre Fracht bis nach Österreich hinein, wo sie dann als Schrott bei Metallgießereien abgeladen worden. Alle TT-Produktionsmittel waren vorher unbrauchbar gemacht worden. Diese Handlungsweise hat viele Beteiligte damals verwundert. Üblicherweise dürfte dem Konkursverwalter die Pflicht obliegen, möglichst gewinnbringend die vorhandene Masse "an den Mann zu bringen", um eventuell bestehende Verbindlichkeiten regulieren zu können. Nun könnte man einwenden, der Verkauf der H0-Bahnteile könnte soviel eingebracht haben, dass alles andere als Schrott verkauft werden konnte. Aber warum gehörten zu diesem Schrott die TT-Bahn-Fertigungsteile? Verschiedene Quellen behaupten, Formen und Werkzeuge der schönsten ROKAL-Modelle seien im Besitz der Firma ROCO. Dies könnte stimmen, weiß man doch heute dass ROCO einen Großteil der ehemaligen RÖWA-H0-Modelle in das Liefersortiment eingegliedert hatte. Was nach wie vor ungeklärt ist, ist die Frage: Hat ROCO das alles aus der RÖWA-Konkursmasse aufgekauft oder mit der Übernahme dieser Produktionsmittel an RÖÖWA gewährte Finanzhilfen ausgeglichen? Hatte ROCO vielleicht damals die Absicht, eine TT-Bahn ins Sortiment aufzunehmen? Der eigentliche Hintergrund wird wohl immer verborgen bleiben. Es bleiben eine Menge Fragen offen und viele aufgeworfene Meinungen sind wohl eher subjektiv zu betrachten, bestenfalls logische Schlussfolgerungen, die niemand zu teilen braucht. Fakt ist, dass es seit 1974 keinen TT-Hersteller in Deutschland in der Größenordnung gibt, wie ROKAL es gewesen ist.
Gruss aus Lobberich, der Heimatstadt der ROKAL-TT-Modelleisenbahn
Manfred Albersmann