"Große Inspektion" für Zeuke/BTTB-Loks
Hi Vote for TT!
Um mal am Ende Deines Beitrags anzufangen:
auch digitalisierte alte Loks fahren nicht besser, wenn der Antrieb nicht intakt ist.
Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- sichere Stromabnahme
- rund laufender Motor
- störungsfreie Kraftübertragung über das Getriebe
Viele Aussetzer kommen daher, daß der Stromfluß Gleis > Motor durch Dreck oder Korrosion gestört ist. Das ist dann der Fall, wenn an der muckenden Lok auch das Licht flackert. Dann müssen die Schleifer und Kontaktstellen in der Lok besonders gründlich überprüft werden. Das ist bei fast allen alten Loks der Fall.
Prüfen kann man das einfacherweise ohne Gleis. Dazu muß die Fahrspannung mit Prüfspitzen direkt an die stromabnehmenden Räder gebracht werden. Leg' die Lok dazu auf den Rücken. Der Motor muß zuverlässig laufen, egal an welche Räder die Prüfspitzen gehalten werden. Bei Aussetzern ist die Stromübertragung innerhalb der Lok gestört.
Das Schöne an den alten Zeuke/BTTB-Loks ist, daß sie sich aufgrund ihrer unkomplizierten Bauweise relativ einfach demontieren und warten lassen. Falls man sich dazu entschließt, sollten die Loks dann aber auch möglichst komplett zerlegt und inspiziert werden, um auch wirklich alle Fehlerquellen auszuschalten.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: damit wird aus einer alten Lok keine neue!
Die verwendeten Materialien und Techniken waren damals simpel, und die buchsenlosen und ausgeschlagenen Lager und Ritzel, die für die übermäßige Geräuschentwicklung und Laufunruhe alter Loks verantwortlich sind, werden durch das Reinigen und Schmieren auch nicht wieder heile. Aber besser als vorher sollte es danach schon sein - den meisten meiner Loks hat's jedenfalls gut getan...
Ich versuche mal, aus dem Gedächtnis eine kleine, möglichst universelle Arbeitsanleitung für eine Generalüberholung von Loks mit Drehgestellantrieb zu geben. Bei Dampfloks kann das Demontieren und Wiederzusammensetzen wegen des komplizierteren Aufbau des Antriebs (Gestänge!) eine ziemliche Frickelei werden. Um an die meist innenliegenden Schleifer zu gelangen, führt allerdings meist kein Weg daran vorbei. Vor der Demontage unbedingt die Stellung der Treibrachsen zueinander merken!
Die einzelnen Schritte sind natürlich sinngemäß bei verschiedenen Loktypen anzupassen.
Ich hoffe, dabei möglichst wenig vergessen zu haben - Ergänzungen vom fachkundigen Publikum sind wie immer willkommen ;-)
Man sollte auf alle Fälle den ersten Versuch aber erst mal mit einem nicht so wertvollen Exemplar unternehmen...
Benötigtes Werkzeug und Materialien sind:
- kleine (Uhrmacher-)Schraubenzieher
- feine Spitzzange oder Pinzette
- kleiner Pinsel mit nicht zu weichen Borsten
- Wattestäbchen
- Glasfaserstift zur Kontaktreinigung
- Lötkolben (nicht mehr als 25W) mit feiner Spitze und etwas Elektroniklötzinn (Typ SN60)
- (Brenn-)Spiritus
- nichtharzendes MoBa-Öl
- empfehlenswert ist auch feines Getriebefett oder technische Vaseline, gibt's u.a. bei Tillig
- ggF. M2-Beilagscheiben für die Motorachse
- ggF. neue Haftreifen (Ersatzteile)
Achtung: Die demontierten Teile möglichst so zurechtlegen, daß der Aufbau für die Montage nachzuvollziehen ist!
Alle Teile in Lage und Position so wieder einbauen, wie sie ursprünglich zusammengehörten, da die bewegten Teile sich in der Regel aufeinander einlaufen und ansonsten hinterher schlechter als vorher laufen!
Also, los geht's:
1. Gehäuse und Ballastgewichte demontieren, bei E-Loks Leitung zum Stromabnehmer ablöten
2. Anschlußleitungen bzw. Entstördrosseln vom Motor ablöten
3. Prüfen, ob die Motorwelle am ersten Ritzel zuviel (>1/2mm) Spiel hat
4. Motor ausbauen; meist durch Herausziehen des Splints unten quer am Motor
5. Drehgestelle und Kardanwellen entfernen
6. Zwischenwellen freilegen
Jetzt ist nur noch das Chassis mit den meistens freiliegende Getriebeteilen übrig. Der gesamte Übertragungsweg muß sichtbar sein. Das Chassis wird jetzt komplett in reichlich Alkohol gebadet und gründlichst mit dem Pinsel gewaschen, um das alte und verharzte Öl und Fett aus dem Antrieb zu entfernen.
Danach werden die Getriebeteile geschmiert, am besten mit Getriebefett. Nicht zu viel nehmen, der Überschuß geht sonst beim Fahren in's Gleisbett! Überprüfen, ob der Antrieb leichtgängig ist. Dazu nur am ersten Ritzel drehen, wo sonst der Motor angreift.
Als nächstes werden die Drehgestelle zerlegt und die Einzelteile und Achsen wie beschrieben mit Alkohol gesäubert.
Hier haben sich meistens auch Staub und Fusseln um die Achsen festgewickelt. Das muß alles runter. Wichtig: die Räder, an denen die Schleifer laufen, müssen ultrablank sein!
Falls vorhanden, brüchige und hartgefahrene Haftreifen erneuern.
Die Schleifer werden an den Kontaktstellen mit dem Glasfaserstift blankgeschliffen und ggF. so nachgebogen, daß sie einwandfrei an den Rädern anliegen. Drehgestelle wieder zusammensetzen und dabei alle Ritzel und Lagerstellen mit Fett schmieren.
Kontaktstellen für die Stromübergabe an's Chassis mit dem Glashaarstift blankmachen. Gegenkontakte am Chassis ebenfalls. Drehgestelle verschrauben und beiseite legen.
Jetzt wird der Motor inspiziert. Wen's interessiert, kann den Motor mal ohne Lok direkt an den Fahrtrafo anschließen, um den Zustand vorher/nachher zu vergleichen.
Als erstes prüfen, ob die Achse mehr als 1/2mm Längsspiel hat.
Anschlußkontakte wegdrehen, um die Kohlen rauszunehmen. Wenn sie noch lang genug sind, sollte man sich die Lage merken, um sie nachher wieder exakt gleich einsetzen zu können. Sie sind auf den Kollektor eingelaufen.
Die alten Rundmotoren können relativ einfach komplett auseinander genommen werden, indem man die vier Haltenasen vorsichtig aufbiegt. Alle Teile wieder im Alkoholbad säubern. Falls die Achse zuviel Spiel aufweist (s.o.), vor dem Einsetzen hinten eine M2-Beilagscheibe auf die Achse schieben. Motor wieder verschließen, (neue) Kohlen einsetzen. Kein Fett oder Öl auf die Kohlen oder den Kollektor bringen!
Vorne und hinten jeweils einen Tropfen Öl in die Achslager geben. Motor direkt an den Fahrtrafo anschließen und prüfen. Ein Unterschied sollte hoffentlich schon am Laufgeräusch festzustellen sein...
Jetzt werden die Drehgestelle mit den Kardanwellen wieder eingesetzt. Sie müssen dann ohne zu klemmen frei beweglich am Chassis hängen.
Motor wieder einsetzen. Sollte die Antriebswelle am Getriebeblock zuviel Spiel haben, ggF. eine Beilagscheibe zwischen Lagerschild und Ritzel setzen. Achtung: eine Achse mit zuwenig Spiel klemmt!
Motor wieder anschließen und auf dem Tisch liegend zur Probe laufen lassen. Fahrspannung dazu direkt am Motor anschließen. Es empfielt sich, ein Tuch unter die Lok zu halten, da erstmal das überschüssige Fett und Öl rausgeschleudert wird.
Jetzt die Lok ohne Gewichte und Gehäuse ausgiebig Probe fahren lassen. Wenn alles zur Zufriedenheit läuft, können die Ballastgewichte und das Gehäuse wieder montiert werden.
Viel Erfolg!