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Reise Zügig über das Erzgebirge

Zum Nachtisch: Böhmen per Bahn

17.08.2013
1. Auftakt
Die Temperatur näherte sich wieder einmal der 30° C Marke. Ich hatte weder zum Arbeiten noch zum Wandern so rechte Lust. Ich verordnete mir ein zeitiges Mittagessen und beschloss zum Nachtisch eine ÖV-Tour zu machen. Dazu würde ich mich erneut nach Tschechien wenden. Am Bahnhof Pirna erlebte ich die erste Überraschung, der P+R Parkplatz war vollends belegt. Ein geschätztes Drittel davon waren vielleicht Bahnreisende, der Rest Stadtbesucher, denn hier parkt man kostenfrei. Ich wich in ein Parkhaus in der Stadt aus, musste nun jedoch 10 min zurücklaufen. Der Fahrkartenautomat am Bahnhof war von vier Jugendlichen belagert, die einzeln hintereinander denselben Fahrtweg auswählten - das dauerte. Die Funktion zum Erhöhen der Anzahl der Tickets war ihnen nicht geläufig. Gerade noch rechtzeitig erreichte ich die pünktlich eintreffende S-Bahn Richtung Bad Schandau. Die Komposition war etwa zu 85 % belegt, so dass ich mich mit einem Platz am Wagenende des Doppelstöckers begnügen musste. Das Fahrgeräusch äußerte sich nur in einem leisen Surren. Bei einem Halt in Kurvenlage wurde es jedoch lärmig. Kompressor und Lüfter der Klimaanlage erzeugten bei gewisser Neigung des Zuges ein beinahe unerträgliches Resonanzgeräusch, so dass sich auch mir gegenüber sitzende Fahrgäste beschwerten. Der Stopp in Kurort Rathen dauerte eine gefühlte Ewigkeit, der Zug fuhr einfach nicht weiter. Per Durchsage wurde eine technische Störung verkündet. Langsam passierten wir später eine defekte Schrankenanlage. Es folgten zwei Entschuldigungen, die Verspätung lag bei 8 min, über die Erreichbarkeit der Anschlüsse schwieg man sich aus. Meine Übergangszeit wäre kürzer gewesen. Bei der Einfahrt in Bad Schandau wurde schließlich der wartende Anschlusszug bekanntgegeben. Ich wechselte in den Desiro-Triebwagen, der vom Gleis gegenüber als Regionalbahn/Personenzug nach Děčín verkehrte. Nun könnte man meinen, dass die Übergangszeit die Verspätung um ein entsprechendes Maß verringert. Nein, der schleppende Umsteigevorgang mancher Reisender verlängerte diese nochmals. Zügig fuhr der Triebwagen ins Tschechische. Mit +10 min erreichten wir jetzt die Endstation.

2. Zwischendrin
Die einstündige Wartezeit in Děčín wollte ich mit einem Besuch auf dem nahen Aussichtsfelsen der Pastýřská stěna (Schäferwand) verknüpfen. Durch die Verspätung und die Temperatur war mir das Ganze nicht nur sprichwörtlich einfach zu heiß. Die Restwartezeit verbrachte ich so schlendernd auf dem Bahnhof. Mit +5 min erschien mein nächster Zug der Rychlík (Schnellzug) R 1162 aus Liberec am Bahnsteig, ein Vierachser-Dieseltriebwagen mit Beiwagen, beide waren gut gefüllt. Ich enterte den Beiwagen in dem sich eine Gruppe Jugendlicher breitmachte - Rucksäcke und auf den Sitzen ausgestreckt Schlafende allenthalben. Ich fand noch einen Platz am Gang. Der Wagen wies eine vis-a-vis-Bestuhlung mit modernen bequemen Sitzen auf und wurde über offene Übersetzfenster klimatisiert. Ohne Unterwegshalt dieselte die Komposition nach Ústí nad Labem. Klotzbremsen und die offenen Fenster sorgten dabei für traditionelle Eisenbahngeräusch-Untermalung. Meine Übergangszeit war auch hier geschrumpft. In der Unterführung fragte ich mich erschrocken, wohin eigentlich mein nächster Zug fuhr, den ich später auf einem Zwischenhalt verlassen wollte. Zugnummern gab es auf den Anzeigetafeln nicht, aber ich identifizierte ihn an der Abfahrtszeit. Kaum stand ich auf dem vollen Bahnsteig, fuhr der R 612 „Bílina“ aus Prag kommend ein. Er befand sich übrigens auf dem Weg nach Cheb. Ich fand ein leeres Abteil, das sich noch mit drei Mitreisenden füllte. Der Plan mit offenem Fenster durch den Sommertag zu fahren, musste aufgegeben werden, da eine innen zwischen dem Verbundglas beschlagene Scheibe bei geöffnetem Fenster den Blick nach draußen versperrte. So musste die offene Gangtür des Abteiles zur Klimatisierung ausreichen. Durch den Zug patrouillierte privates Sicherheitspersonal und musterte die Reisenden. Die Station Duchcov war von der Polizei umstellt und ich sah einen fahnentragenden Fan. Vermutlich hatte es hier ein Eishockey-Match gegeben. In Chomutov město, eine Station vor meinem Zwischenziel hielt der Zug längere Zeit. Sämtliches Bahnpersonal war aufgeboten, um eine Gruppe von sechs Rollstuhlfahrern in den Mehrzweckwagen zu liften - das dauerte. Der Lokführer wartete geduldig vor dem grünen Ausfahrsignal auf den Abfahrauftrag. Dadurch reichlich verspätet, kamen wir nach Chomutov.

3. Über das Erzgebirge
Der Bahnhof von Chomutov verstrahlt noch typischen k.u.k.-Charme. Der Hausbahnsteig am Empfangsgebäude ist der einzige befestigte Bahnsteig. Die anderen Bahnsteige bestehen aus Erdhügeln zwischen den Gleisen. Die im Anschluss zu befahrende Bahnstrecke Chomutov (Komotau) - Vejprty (Weipert) wurde 1872 von der Buschtiehrader Eisenbahn (B.E.B.) eröffnet. Später wurde sie von der ČSD übernommen. Von 1945-1993 war der Grenzübergang zwischen Vejprty und Bärenstein trotz vorhandener Gleise außer Betrieb. Nach der euphorischen Wiedereröffnung folgte rasch die Ernüchterung, die sich durch schwache Nachfrage ausdrückte. So wurden die Züge zusammengestrichen. Derzeit verkehren nur noch an Wochenenden zwei Alibizugpaare. Ein tschechischer Früh-/Abendzug dient fast ausschließlich dem Personaltransfer nach/von Vejprty. Der durchgehende Vormittags-/Nachmittagszug der DB-Erzgebirgsbahn von/nach Chemnitz in Form eines Desiro-Triebwagens wird dabei zwischen Vejprty und Chomutov mit tschechischem Personal besetzt.
Mit 10 Minuten Verspätung kam das Fahrzeug nun aus der Abstellung. Dann ging es mit ca. 60 % Fahrgastbelegung hinauf ins Erzgebirge. An der Station Domina verließen nicht etwa gestiefelte Damen, sondern einheimische Ausflügler den Zug. An den nächsten Halten leerte sich der Zug merklich. Die Bahnhöfe und Haltepunkte der Strecke vermittelten eine gewisse Endzeitstimmung. Laut hupend passierten wir später langsam eine defekte Warnblinkanlage an einem Bahnübergang. Da keine extra Genehmigung aus Prag notwendig war, passierte das verspätungsneutral - so geht das! Anfangs muss der Zug einen großen Höhenunterschied überwinden. Den 8 Straßenkilometern von Chomutov nach Křimov stehen wegen der limitierten Neigung der Strecke kurvenreiche 23 Bahnkilometer gegenüber. Zwischen Měděnec zastávka und Kovářská městys wird auf 875 m Höhe später der Scheitelpunkt der Strecke überquert. Ein riesiges zu drei Vierteln ruinöses Empfangsgebäude prägt den Bahnhof Vejprty. Hier wurde die Fuhre von einem deutschen Triebfahrzeugführer übernommen. Sofort stürmte ein mitfahrender deutscher Senior heran, um nachzufragen, ob man die seit der Abfahrt bestehende Verspätung herausfahren würde. Er gab an, den Anschluss nach Dresden erreichen zu müssen - ich eigentlich auch, aber ich sah die Sache relaxter. Vorbei an Bärenstein, Cranzahl und Annaberg-Buchholz führte die Fahrt dann durch das malerische Zschopautal hinunter. Der Zug verkehrt auf deutschem Gebiet als Regionalexpress und lässt daher einige kleinere Haltestationen aus. Durch einen verkürzten Halt in Wolkenstein waren wir wieder im Plan. So erreichten wir rechtzeitig den Umsteigebahnhof Flöha.

4. Rückkehr
Gleich darauf kam eine Doppelgarnitur RegioSwinger-Triebwagen als Regionalexpress aus Nürnberg herangerauscht. Ich hatte Glück und fand noch freie Plätze zur Auswahl vor. Doch egal welchen davon ich wählte, ich saß wie gehabt über der Antriebseinheit mit ihren nervtötenden Geräuschen, die sich unter dem Wagenboden befindet. In Freiberg stieg eine Gruppe junger Leute zu, die nach Dresden zum Stadtfest wollte. Jeder von ihnen trug eine Bierflasche in der Hand. Kaum ausgetrunken, wurden diese auf dem Fußboden unter den Sitzen abgestellt. In der nächsten Kurve fielen sie um und rollten nun bei jeder Neigung des Wagenkastens scheppernd von einer Seite auf die andere. Umrahmt von diesem Ambiente wurde schließlich Dresden erreicht. Hier wechselte ich in die S-Bahn und traf nach einem erlebnisreichen Nachmittag am Abend wieder in Pirna ein.

Reiseweg:
Pirna > Bad Schandau > Děčín hl. n. > Ústí nad Labem hl. n. > Chomutov > Flöha > Dresden > Pirna


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Bild 1: Děčín hl. n., rangierender ČD-Dieseltriebwagen (Reihe 854)


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Bild 2: Děčín hl. n., IDS-Cargo-Gleichstromlok (Reihe 121)


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Bild 3: Děčín hl. n., ČD-Cargo-Gleichstromlok (Reihe 123)


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Bild 4: Děčín hl. n., einfahrender ČD-Dieseltriebwagenzug (Reihe 854+Bdtn)


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Bild 5: Děčín hl. n., ČD-Gleichstromtriebwagen (Reihe 441) und AWT-Diesellok (Reihe 753)


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Bild 6: Děčín hl. n., EC 174 „Jan Jesenius“ mit ČD-Mehrsystemlok (Reihe 371)


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Bild 7: Děčín hl. n., ČDC-Lokzug


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Bild 8: Děčín hl. n., ČDC-Gleichstromlok (Reihe 123)


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Bild 9: Děčín hl. n., ČD-Dieseltriebwagenzug (Reihe 814/914)


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Bild 10: Děčín hl. n., einfahrender R 1162 mit ČD-Dieseltriebwagenzug (Reihe 854+Bdtn)


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Bild 11: Chomutov, R 612 „Bílina“


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Bild 12: Chomutov, einfahrender R 609 „Svatava“ mit ČD-Mehrsystemlok (Reihe 363)


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Bild 13: Chomutov, einfahrender R 609 „Svatava“ mit ČD-Mehrsystemlok (Reihe 363) komplett im Najbrt-Design


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Bild 14: Chomutov, ČD-Dieseltriebwagenzug (Reihe 814/914)


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Bild 15: Chomutov, Desiro-Triebwagen der DB-Erzgebirgsbahn kommt aus der Abstellung


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Bild 16: Cranzahl, SDG-Fichtelbergbahn


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Bild 17: Flöha, Desiro-Triebwagen der DB-Erzgebirgsbahn


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Bild 18: Dresden Hbf, ČD-Mehrsystemlok (Reihe 371)

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vozmistr
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